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Ich glaube, dass es wichtig ist, wie man Sachen beginnt und dass das einen Einfluss auf ihren Verlauf und Ausgang hat. Vor diesem Hintergrund bin ich sehr glücklich, euch dieses tolle Interview mit Volk-Man von den APOKALYPTISCHEN REITERN präsentieren zu können. Gefühlt hätten wir noch stundenlang weiterreden können! Lest unten nach, wie Titus und Rohgarr in die Band kamen, warum die neue EP so streng limitiert ist und worauf man sich als Fan in Zukunft freuen kann.
Vielen Dank auch wieder an lightinmirror.de für die tollen Bilder!

Shieldmaiden’s Voice: Wenn du euren Musikstil in drei Worten beschreiben müsstest, welche wären es?
Volk-Man: Wild, gefährlich und leidenschaftlich!
SV: Was inspiriert euren Sound am Meisten? Was ist vielleicht auch eine Konstante in eurer Musik?
Volk-Man: Das Leben an sich ist die größte Inspiration. Wir hatten nie Fantasy-Themen oder waren Teil eines Genres, das davon lebt, dass man sich Traumwelten aufbaut. Es waren immer Ereignisse, die in unseren Leben passiert sind, die letztlich auch durch die Musik verarbeitet und aufgegriffen werden. Diese Geschichten sind sowohl fröhlich als auch traurig und die Musik ist gleichzeitig Ventil und Katalysator. Das führt dazu, dass die Musik sich über die Jahre wandelt. Mit Anfang 20 beschäftigt man sich mit völlig anderen Themen als wir es jetzt tun.
SV: Inwieweit reiht sich die neue EP dort mit ein? Wie passt sie da rein?
Volk-Man: Die passt da insofern rein, als dass sie jetzt einfach ganz neu ist. Es ist das, was uns jetzt gerade so inspiriert hat. Die letzte Platte ist während der Corona-Zeit entstanden und auch unter veränderten Konstellationen aufgenommen worden. Früher sind wir immer alle zusammen ins Studio gegangen und das ging dann auf einmal nicht mehr. Wir mussten dann erstmal neue Wege finden, um zu komponieren und natürlich hatten die damals relevanten Themen einen großen Einfluss. Man hatte so ein bisschen das Gefühl als säße man unter einer Glocke und das Rausgehen, das Unterwegssein und generell die Normalitäten des Lebens haben nicht mehr stattgefunden. Der Austausch fand nicht mehr persönlich statt sondern man stand nur noch über digitale Endgeräte mit anderen Menschen in Kontakt. Das hat die Dinge grundsätzlich verändert. Ich denke daher auch, dass man in Zukunft diese Zeit auch als etwas sehen wird, was die nachfolgenden Jahre maßgeblich geprägt hat. Man spricht ja jetzt schon von „vor Corona“. Das klingt ein bisschen so wie „zu DDR-Zeiten“.
Wir hatten das Thema erst letztens mit unseren Technikern, dass alle in den Jahren vor Corona wie in einem Hamsterrad unterwegs waren. Es lief alles irgendwie und das war für alle selbstverständlich, was aber auch zu einem hohen Stresslevel geführt hat. Im Nachhinein haben viele gemerkt, wie ausgebrannt sie eigentlich waren. Die Termine standen immer für das ganze Jahr fest und irgendwann ist man da auch so in das Abspulen der Routine verfallen. Dadurch, dass das wegfiel und jetzt wieder da ist, merkt man erstmal, was das für ein Schatz ist. Kultur ist wirklich ein Luxusgut!
In dieser Zeit haben wir viel nachgedacht und gerade Adler Fliegen ist ein Song, der reflektiert, was viele Leute nicht schaffen. Sie sind in so einer Mühle drin, sind sich ihrer Stärke vielleicht nicht so bewusst und verharren in einer demütigen Haltung, die aber natürlich auch zu großer Unzufriedenheit führt. Als Künstler kann man immer nur versuchen die Leute ein bisschen anzuschubsen oder sie zu bewegen über bestimmte Dinge nachzudenken. Das ist zumindest unser Anspruch!

SV: Die EP erscheint ja in sehr geringer Zahl als CD und Vinyl, bevor sie am 19.01. digital veröffentlicht wird. Warum habt ihr euch entschieden so eine kleine Auflage nur zu machen?
Volk-Man: So gering ist die Auflage im Endeffekt gar nicht, weil die Leute es sich wirklich abgewöhnt haben Dinge zu kaufen. Ich sehe ja immer die Abrechnungen, wie viel digital gestreamt und wie viel physisch gekauft wird. Es hat sich komplett gedreht. Die Hörgewohnheiten, gerade die der jungen Menschen, sind so fundamental anders als wir das noch kannten. Auch wenn wir noch genug davon da haben und man die sicherlich noch bekommen kann, soll die Scheibe auch einen gewissen Sammlerwert haben. Von Seiten des Labels ist uns auch ganz klar kommuniziert worden, dass sie die EP nur digital veröffentlichen würden und keine physische Variante anbieten wollen. Wir waren darüber sehr erstaunt und hatte auch kein gutes Gefühl dabei zu einer Veröffentlichung kein physisches Produkt zu haben. Das Label hat uns dann die Möglichkeit eingeräumt, das in Eigenregie zu übernehmen. Man verabschiedet sich beim Label einfach von physischer Lagerhaltung und CDs für ein Jahr oder mehr auf Lager zu halten, ist da einfach totes Kapital. Wir hätten auch die Rückläufer von großen Läden abnehmen können, aber das ist einfach unrealistisch. Als Band können wir nicht 500 Exemplare eines älteren Albums abnehmen, wenn wir pro Abend, wo 1000 Leute zum Konzert kommen, gerade einmal 20 CDs verkaufen. Eine solche dramatische Entwicklung hätte ich mir vor ein paar Jahren auch nicht vorstellen können. Da fühlt man sich ein bisschen alt, um ehrlich zu sein.
SV: Aber umso schöner, dass ihr es trotzdem gemacht habt!
Volk-Man: Ich bin ja auch selbst Fan! Ich würde mir das grundsätzlich auch selbst kaufen, auch wenn man es vielleicht nicht auspackt und doch digital hört. Aber es steht zumindest da! [wir lachen]

SV: Es ist ja auch gerade in der Band eine aufregende Zeit, dadurch, dass ihr neue Mitglieder aufgenommen habt. In dem dazugehörigen Statement haben du und Fuchs gesagt, dass ihr euch nicht so richtig vorstellen könnt, DIE APOKALYPTISCHEN REITER zu beenden. Ist die Aufnahme der neuen Mitglieder und die Tour nochmal so eine Art Aufbruch für euch, um zu sagen „Jetzt erst recht!“?
Volk-Man: Total! Es ist wie eine Wiedergeburt, zumindest fühlt es sich so an. Es macht so verdammt viel Spaß und das ist eigentlich für mich das Schönste. Die Jungs haben so ein Feuer in die Band gebracht und die brennen für die Band. Für die ist es ja auch wie ein Traum. Es sind ja auch zwei Brüder und Titus ist so jung, der könnte mein Sohn sein!
Die Story ist ja auch völlig abgefahren. Vor einem Jahr hatten wir ja auch eine Schrei!Nachten-Show in Jena mit dem alten Line-Up und ich meinte schon zu Fuchs, dass wir es nicht geglaubt hätten, wenn uns damals jemand erzählt hätte, was jetzt in diesem Jahr passieren würde. Zum Glück ist ja auch alles schön ausgegangen, aber es gab auch mehrere Wochen, in denen wir beide uns nicht sicher waren, wie und ob es weitergeht. Wenn man einen Drummer und einen Gitarristen verliert, wird einem ja die musikalische Grundlage entzogen. Diese Sommersaison war die erste Chance mal wieder auf großen Festivals zu spielen, wo man auch mal wieder Leute erreichen kann. Das abzusagen, hätte sich blöd angefühlt.
Rohgarr, unser neuer Drummer, war im Jahr 2013 oder 2014 als Drum-Tech mit uns auf Tour, wodurch wir uns persönlich kannten. Der Ausstieg von Sir G. war ja geplant, er hatte uns gesagt, dass er im Sommer die Shows mit uns spielen, dann austreten und uns aber dabei helfen würde jemand neues zu finden. Wir haben dann Rohgarr nach Weimar kommen lassen. Er kannte uns ja schon und wir wussten auch, wie er so drauf ist und das hat auch gut funktioniert. Wir haben dann mit Adi und ihm geprobt. In der Zeit danach hat es dann zwischen Adi und Fuchs ein Zerwürfnis gegeben, bei dem ich nicht dabei war. Ich saß da so ein bisschen zwischen den Stühlen und ich will da auch nicht ins Detail gehen, aber es war klar, dass es keine Grundlage für eine weitere Zusammenarbeit mehr geben würde. Ich rief dann Rohgarr an und musste ihm dann erklären, dass er erstmal nicht mehr kommen muss, weil Adi ausgestiegen war und wir deswegen nicht spielen können.
SV: Und er sagt: „Na Mensch, ich hab doch da noch meinen Bruder!“?
Volk-Man: Genau! Er meinte, er hätte noch seinen jüngeren Bruder, der eh ein totaler REITER-Fan ist und eh alles spielen kann. Ich dachte, er will mich veralbern! Aber es war sein Ernst!
SV: Das ist doch aber ein Zeichen dafür, dass es so sein sollte!
Volk-Man: Absolut. Es war für mich auch eine ungute Situation, weil ich kurz vor einer Reise in die USA stand. Fuchs hat den beiden dann eine Liste von 10 Songs gegeben, die sie einstudieren sollten und nach meinem Urlaub war geplant, dass wir dann zusammen proben. Die Fahrt nach Dresden war deswegen auch voller Spannung, weil wir auf dem Weg zu zwei Typen waren, die unsere Songs gelernt hatten und die mit uns auf die Bühne gehen wollten und das sollte auch noch irgendwie funktionieren.
SV: Es war also eine Fahrt ins Ungewisse.
Volk-Man: Für uns war auch klar, dass wir lieber die Shows absagen als eine schlechte Kopie unserer Selbst zu sein. Aber Rohgarr und Titus waren so fleißig, dass sie die Songs schon nahezu perfekt spielen konnten. Mich hat es so sehr gefreut, dass ich mir fast die ein oder andere Träne verdrücken musste. Es ist so viel Druck von mir abgefallen. Wir haben gemerkt, dass das so funktionieren kann. Der erste Gig für Titus war dann das Rockharz, was ja auch kein kleines Festival ist. Da lastete also ein enormer Druck auf ihm, weil wir ja auch einen Ruf zu verlieren hatten und wenn etwas eine Feuertaufe war, dann das!

SV: Man merkt dir auf jeden Fall die Freude und die Erleichterung an! Was erhofft ihr euch, vor dem Hintergrund, von der Zukunft für die Bund und im speziellen vom Jahr 2024?
Volk-Man: Wir schreiben ganz fleißig an neuen Songs und es gibt schon sehr viel neues Material. Das läuft gerade einfach alles, energetisch läuft es einfach fantastisch. Derzeit tragen wir die Songs zusammen und dann werden wir die irgendwann aufnehmen. 2024 ist sicherlich noch nicht das Jahr, in dem das veröffentlicht wird, weil wir 2025 auch unser 30jähriges Bandjubiläum haben.
Ich habe im Vorfeld schon immer gesagt, dass wir erstmal schauen sollten, wie die Tour jetzt läuft, wie viele Menschen kommen und wie das alles generell läuft. Als Band weiß man nie, wo man steht, bis man nicht mal wirklich als Headliner nach draußen geht und es herausfindet. Auf Festivals ist es ja immer voll, aber man weiß als Band, woran man ist, wenn man alleine irgendwo aufschlägt. Wir konkurrieren ja auch mit tausenden Bands und selbst wenn man sich sehr für Musik interessiert, hat man nie den Überblick. Von den etwa 20 Leuten, die hier im Bus zusammenkommen, kommen immer wieder neue Bands, die man noch gar nicht kannte. Selbst wenn man den ganzen Tag Musik hört, entdeckt man immer wieder Neues.
SV: Das Problem kenne ich, es geht mir da ganz ähnlich!
Volk-Man: Nur weil man als Band mal einen guten Lauf hatte, muss das ja nicht ewig so weitergehen. Es gibt auch Zeiten, in denen es nicht so gut ist und die Zeit haben wir, denke ich, jetzt hinter uns gelassen. Auf dieser Tour fühlt es sich einfach an, als wäre neues Feuer entfacht worden.
SV: Was ist etwas, was du schon immer mal in einem Interview erzählen wolltest, aber noch die die Gelegenheit dazu hattest?
Volk-Man: Das weiß ich nicht…Ich weiß nur, die lustigste Frage, die ich jemals bekommen habe, die kann ich gern wiedergeben!
SV: Die nehme ich auch!
Volk-Man: Daran kann ich mich nämlich sehr gut erinnern: Es war ein griechischer Journalist aus Athen, der mich gefragt hat, wen ich aus der Band am liebsten essen würde! [wir lachen]. Das habe ich auch nicht beantwortet, aber es war eine so obskure Frage. Er sprach zwar nicht so gut Englisch, aber nach mehrmaligem Nachfragen war klar, dass er sich nicht versprochen hatte.
SV: In dieser Frage gibt es ja auch enorm viele Denkebenen!
Volk-Man: Ich wollte da auch nie so ernsthaft drüber nachdenken…
SV: Wenn du zum Abschluss noch eine Message an eure Fans hättest, welche wäre es?
Volk-Man: Danke an die REITER-Community für die Treue über all die Jahre und dass ihr uns unterstützt, indem ihr zu unseren Konzerten kommt und unsere Platten kauft. Es ist immer toll, wenn man live spielt und diese Energie spürt, die da auch zurückkommt. Wir stecken alles, was wir haben, in diese Band – es ist ein Herzensprojekt – und wir sind glücklich und dankbar, dass das möglich ist.
Und das, liebe Leute, war das erste Interview in diesem Jahr 2024. Ich bin schon sehr gespannt, welche musikalischen Freuden DIE APOKALYPTISCHEN REITER uns in Zukunft präsentieren werden. Auf ein spannendes, ereignisreiches Metal-Jahr 2024!


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