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Wenn man hört, dass eine Band Viking Death Metal spielt, ist man schnell gewillt, diese Band in eine Schublade zu stecken und sie dort nie wieder herauszuholen. Im Falle der mächtigen ASENBLUT wäre das aber viel zu kurz gedacht: Ihre Hymnen zeugen nicht nur von epischen Schlachten, sondern auch davon wie man als Mensch selbst vorankommen und für sich selbst Verantwortung übernehmen kann. Im Interview erzählt Sänger Tetzel welche Rolle Mythologie trotzdem für ihre Musik spielt, was seine Highlights auf der Tour waren, was im kommenden Jahr von ASENBLUT zu erwarten ist und vielem mehr!
Vielen Dank auch wieder an lightinmirror.de für die wundervollen Bilder!

Shieldmaiden’s Voice: Wenn du einen echten Berserker treffen würdest, was wäre deine erste Frage an ihn?
Tetzel: Es wäre ja jetzt die spannende Frage, ob man sich überhaupt verständigen könnte, wegen der potentiellen Sprachbarriere…aber…mhm… Sehr gute Frage auf jeden Fall! Wahrscheinlich würde ich „Wie bin ich hierher gekommen?“ fragen! [wir lachen]
SV: Das würde er dich wahrscheinlich auch fragen!
Tetzel: Genau! Je nachdem, wer wo gelandet ist!
SV: Wo würdest du die musikalische Überschneidung zwischen ASENBLUT und dem Berserkertum sehen?
Tetzel: Es ist schon sehr wild und das ist auch das Thema der aktuellen CD Entfesselt. Es geht darum, sich ganz befreit zu geben und genau das zu machen, was man möchte. Mythologisch oder semi-historisch ist das Berserkertum ja ein sehr schnelllebiges und wildes Kämpfen. Musikalisch haben wir die Möglichkeit eines besonderen, freien Ausdrucks und uns wird die Bühne geboten genau das auch zu machen. Das martialische macht uns, auch wenn es nicht immer zeitgemäß ist, unheimlichen Spaß und bietet immer großen Unterhaltungswert!
SV: Was für einen Stellenwert hat Mythologie aus deiner Sicht in eurer Musik?
Tetzel: Einen sehr großen, aber eben aus verschiedensten Bereichen! Wir bedienen uns, breit gefächert, sehr historischer Themen, wie aktuell zuletzt etwa Blut und Sand, wo es um Rom, Dekadenz und Gladiatorenkämpfe geht. Dann haben wir natürlich auch die Mythologie eines H.P.Lovecraft in Songs wie Wahn und Chaos oder Schatten über Arkham oder Dagon. Die nordische Mythologie kommt natürlich auch vor, aber man findet bei uns auch viele historische Themen. Da sind wir zum Glück ganz offen! Teilweise haben wir auch sehr moderne Einflüsse, etwa wenn man Videospiele denkt. Der Song Penumbra ist ja von Dark Souls inspiriert. Zum Glück ist das alles weit gefächert und alles tief verwurzelt und weit durchdacht, sodass man schöne Überschneidungen finden und tolle Geschichten erzählen kann.

SV: Mythologie hat immer auch einen gewissen zeitkritischen Aspekt, wie ich finde. Würdest du das für eure Musik auch so sehen?
Tetzel: Teilweise! Wenn wir uns beim aktuellen Album den Song Unbesiegbar anschauen, wo es mir darum ging auszudrücken, dass ich die Welt nicht immer durch die Linse der Negativität sehen will. Die Menschen haben als Gemeinschaft enorm viel geschafft und wenn wir uns anstrengen, können wir auch weiterhin sehr viel erreichen. Das ist eine Sache, die heutzutage immer öfter verloren geht. Wir kritisieren uns immer selber und gegenseitig und alles ist so schlecht und negativ, aber ich glaube, dass sehr vieles möglich ist. Gerade in einer Subkultur lebt das ja auch, denn wenn man sich die vergangenen Jahre anschaut, und ich weiß, dass viele das nicht mehr hören können, und auf Corona schauen, dann haben verschiedene kulturelle Institutionen im Metal überlebt, weil die Leute zueinander standen. Man hat gemeinsam dafür gesorgt, dass Läden, wie etwa der Hellraiser hier in Leipzig, nicht von der Bildfläche verschwunden sind. Das war zwar ein großer Kraftakt, aber es zeigt ja auch, dass die Dinge funktionieren können, wenn man gemeinsam an einem Strang zieht.
SV: Das ist eine guter Punkt für meine nächste Frage! Wenn du so auf eure Musik und das, was du gerade beschrieben hast, schaust, wie sprechen die Fans in der Regel darauf an? Ist das etwas, in dem die Fans sich wiederfinden? Oder gibt es euren Fans eher eine Gelegenheit zur Flucht aus der Realität?
Tetzel: Wahrscheinlich ist es ein bisschen von beidem. Ich glaube, dass der Eskapismus in der heutigen Zeit in der Musik enorm wichtig ist. Man darf nicht immer nur täglich aktuell sein, denn das wird den Menschen dann auch schnell zu viel, denke ich. Man ist da auch schnell in einer zeitkritischen Musikrichtung unterwegs und das machen wir ja nicht. Grundsätzlich machen wir Musik, die, auch wenn sie relativ extrem ist, in erster Linie unterhalten soll. Dementsprechend ist das schon ein wichtiger Stichpunkt. Natürlich lieben die Leute die Geschichten, die wir erzählen, oder zumindest hoffe ich das, und finden mit Sicherheit das ein oder andere wieder. Gerade bei Songs wie Wie ein Berserker, geht es ja darum, die Leute an der eigenen Verantwortung zu packen und ihnen zu sagen „Du bist für dich selbst verantwortlich! Geh deinen Weg und lass dich nicht aufhalten, aber du wirst auch dafür leiden müssen!“.

SV: Ihr seid in den letzten Wochen mit dieser Tour auch einen sehr kraftraubenden Weg gegangen und heute steht dann endlich der Tourabschluss an. Was ist dein persönliches Tourfazit?
Tetzel: Ich bin unfassbar positiv überrascht! Es war sehr, sehr anstrengend, gerade auch für mich, weil ich mich ums Booking, Tourmanagement und mich generell organisatorisch um Tausende Dinge gekümmert habe, nicht zuletzt auch ums Merchandise, das Packen und Verladen von Utensilien und generell eigentlich um alles, was irgendwie um die Tour drumherum anfiel. Neben dem, was auf der Bühne selbst noch ansteht! Ich bin aber sehr, sehr zufrieden und dankbar über die Resonanz, die wir hatten. Wir haben viele Fans getroffen und die Leute sind eigentlich überall ausgerastet, hatten Spaß und haben unsere neuen Merchandise-Artikel angenommen. Gerade letzteres ist ja auch wichtig für eine Band, denn damit finanziert man sich natürlich auch. Es ist ein absolut positives Resümee für mich und ich freue mich auf die Show hier im Hellraiser. Es ist ein schöner, großer Laden, wir haben viel Platz und es wird für uns auch gut gefüllt sein. Es wird jetzt nicht super voll, aber gut! [Er lacht]
SV: Ihr habt die Show von dem kleinen Raum in den großen Saal hochverlegt, oder?
Tetzel: Genau! Den kleinen Saal hatten wir ausverkauft!
SV: Wenn du auf die Tour zurückblickst, was war da ein Highlight für dich?
Tetzel: Wir sind ja gerade frisch zurück aus unserer Heimatstadt Göttingen und das war super, es lief total klasse! Die Show in Köln fand an einem Donnertag statt, die wegen der Besucherzahl auch nicht so gut war, aber das war trotzdem ein Highlight, weil jeder Einzelne dort ein T-Shirt gekauft hat. Die, die da waren, haben es trotzdem absolut gefeiert und haben alles mitgemacht. Wir haben ein paar neue Showelemente dabei, auch Publikumsinteraktionen, die richtig gut angenommen wurden und das ist für mich dann einfach ein Highlight. Die Leute, die kommen, um uns als Headliner zu sehen, die die Songs mitsingen und von der ersten bis zur letzten Minute Vollgas geben, sind genau die, die mich sehr stolz machen. Immerhin machen wir das schon eine ganze Zeit und arbeiten auch hart daran.

SV: Was ist etwas, was die Leute verpasst haben, wenn sie euch nicht auf dieser Tour gesehen haben?
Tetzel: Auf jeden Fall unsere weiterentwickelte Show! Wir haben da keinen Stillstand, wir machen nicht das, was wir vor zwei Jahren gemacht haben. Wenn man ASENBLUT etwa auch letztes Jahr auf der NACHTBLUT-Tour gesehen hat, dann ist das nicht das Gleiche, wie das, was man jetzt zu sehen bekommt. Wir arbeiten auch weiterhin daran, dass wir uns und unsere Show konstant weiterentwickeln und den Leuten auch was bieten. Man will das ja auch selbst, dass wenn man zu einem Konzert geht, man gut unterhalten wird und wenn man sich da ein bisschen Mühe gibt, kann man aus dem Gesamtkonzept aus Musik und Auftreten einiges herausholen. Wir versuchen das auf jeden Fall – mit unseren Mitteln!
SV: Was ist aus deiner Sicht das Beste an eurer Show?
Tetzel: Das Beste an unserer Show ist grundsätzlich erstmal die Musik. So, wie wir das Ganze rüberbringen, eben in der Kombination aus Musik, Outfits, Bühnenperformance und Bühnenbild, ist das ein großes Ganzes und das ist hoffentlich das, was die Leute sehen und mitbekommen.
SV: Euer Motto scheint mir auch „Wer rastet, der rostet!“ zu sein, immerhin seid ihr ja auch bei der anstehenden VARG Tour dabei!
Tetzel: Das ist tatsächlich aber nur ein Termin. Wir haben aber noch einige Shows, die dieses Jahr anstehen. Ich habe gerade eine Show am 20.12. in Magdeburg organisiert: Bloody X-Mas zusammen mit BLUTGOTT, also DEBAUCHERY, DELIVER THE GALAXY und ABROGATION. Es ist ja ganz klar, dass man sich nicht in den Keller stellen kann! Wir sind auch dabei 2025 durchzuplanen, sowohl was Auftritte als auch neue Musik angeht. Man muss ja ganz klar sagen, dass der klassische Albumzyklus so langsam stirbt und daran muss man sich als Band anpassen. Wir sind eine Band, die immer unglaublich langsam mit Releases war und jetzt müssen wir uns den modernen Gegebenheiten anpassen. In Zeiten von Algorithmen und Streaming funktioniert es nicht, dass man alle zwei, drei oder vier Jahre ein Album macht und hofft, trotzdem relevant zu bleiben. Das funktioniert einfach nicht. Aus diesem Grund planen wir Videos und Singles für nächstes Jahr, schauen wir mal, was wir alles realisieren können. Es ist ja viel Arbeit, Zeit und Geldaufwand, aber wir sind da guter Dinge!

SV: Das Stichwort „Zukunft“ ist gar nicht mal so schlecht! Was sind Wünsche, die du für ASENBLUT in den nächsten fünf bis zehn Jahren hast?
Tetzel: Etwas kurzfristiger gedacht, würde ich sehr sehr gerne eine Support-Tour fahren. Ich hätte gerne die Möglichkeit, mein Genre-Publikum zu erweitern. Am Besten wären natürlich ENSIFERUM oder AMON AMARTH, um mal Wunschträume aufzumachen! Oder ARCH ENEMY, das wäre auch nicht schlecht! Eben irgendeine Tour, wo man musikalisch eine Überschneidung hat, sich aber einem neuen Publikum noch präsentieren kann. Darüber hinaus wäre es toll, wenn man selbst so wächst, dass man irgendwann die Nightliner-Touren fahren kann, dass man am Stück fahren kann. Wenn man sich jetzt unsere Tour anschaut, dann haben wir für zehn Shows insgesamt fünf Wochenenden verwendet. Das ist für alle natürlich sehr anstrengend. Wenn man diese zehn Shows in zwei Wochen mit ein paar Tagen Pause zwischendrin spielt, hat man das eben abgearbeitet und man kommt auch nicht aus dieser Show-Routine. Das ist aber eine Situation, in der wir noch nicht sind, so ehrlich muss man dann auch sein. Aber: Da möchte ich hin! [er lacht]
SV: Wie kann man euch auf diesem Weg am Besten unterstützen?
Tetzel: Das geht am Besten über die typischen Sachen: unsere Shows besuchen, wir haben unseren eigenen Ticketshop und gerne Merchandise kaufen und auf Spotify folgen, generell einfach dieses Hören und Klicken. Das ist das wichtigste für uns!
SV: Wenn du jetzt an eure Fans noch eine Message richten könntest, welche wäre es?
Tetzel: Allen, die schon Fans sind, kann ich nur vielen, vielen Dank sagen! Ihr könnt euch darauf verlassen, dass wir weiter machen! Wir werden uns nicht 180° drehen, aber wir werden uns weiterentwickeln und das hoffentlich zusammen mit euch! Und allen, die noch keine Fans sind oder uns noch nicht kennen möchte ich sagen: „Hört rein, habt einen offenen Kopf und habt ganz viel Spaß mit der Musik und wenn es euch nicht gefällt, dann hört weiter!“
Dem kann man nur zustimmen! Und wenn euch die Musik von ASENBLUT nicht gefällt, dann empfiehlt sie doch einfach jemandem, den ihr nicht leiden könnt! Ich für meinen Teil bin noch ganz im Berserkerfieber. Privat ist das ja kein Problem, aber die Leute in der Uni-Bibliothek haben vielleicht komisch geschaut, als ich da mit einem Wikingerschild und einer Streitaxt aufgetaucht bin!
Dieses valkyrenhafte Streitlust wird sich aber sicherlich geben, denn im Oktober steht wieder düstere Musik auf dem Plan, diesmal sogar in einer für uns ganz neuen Venue. Bleibt also gespannt!


1 Kommentar zu „Von der Mythologie ins Aktuelle – Ein Interview mit Tetzel von ASENBLUT“