Find the English version here.
Manche Ereignisse fühlen sich an wie Träume, so fantastisch sind sie. Als wir diesen Blog 2019 starteten, hätten wir nicht gedacht, dass wir die Dinge erleben dürfen, die allein schon in diesem Jahr passiert sind! Als wir vor ein paar Jahren leider nicht an einer BLOODYWOOD-Tour teilnehmen konnten, weil die Umstände es einfach nicht zuließen, hätten wir nicht gedacht, dass die Worte „Beim nächsten Mal sehen wir sie auf jeden Fall!“ nicht nur Wunschdenken sein würden. Aber Träume gehen in Erfüllung: Am 09.03.2025 war machte die Return of the Singh-Tour der indischen Nu-Metal-Sensation im Leipziger Täubchenthal halt. Unterstützt durch DEMONIC RESURRECTION und CALVA LOUISE war es ein intensiver und aufregender Abend, den wir so schnell nicht vergessen werden!
Danke wieder mal an lightinmirror.de für die wundervollen Bilder und danke an alle, die das hinter den Kulissen ermöglicht haben!

DEMONIC RESURRECTION
Falls ihr euch schonmal gefragt habt, wie DISSECTION klingen würden, wenn sie aus Indien kämen, dann liefern DEMONIC RESURRECTION genau die Antwort! Die aus Mumbai stammende Band eröffnete den Abend mit einer wunderbar frischen Death Metal Show, die eindrucksvoll zeigte, wie man die eigenen kulturellen Wurzeln perfekt in die Musik einwebt.
Das Set war mit lediglich fünf Songs sehr kurz gehalten, was ich sehr schade fand, denn die Band wirkte, als hätte sie bestimmt noch den einen oder anderen Song mehr spielen können.
Es ist wirklich bedauerlich, dass sie mir erst jetzt, nach 25 Jahren Bandgeschichte, begegnet sind! Das hat mir mal wieder bewiesen, dass mein Augenmerk sich nicht auf Europa beschränken darf, was Neuentdeckungen anbelangt! Wie viele andere gute Bands wie DEMONIC RESURRECTION mögen noch versteckt sein? Ich wette, es sind einige!
Mich haben sie auf jeden Fall mehr als abgeholt und das vor allem mit dem zweiten Song Apocalyptic Dawn! Beim Hören zuhause ist mir auch nochmal besonders aufgefallen, dass sie auch mythologische Elemente in ihre Songs aufnehmen, so etwa in Krishna – The Cowherd oder Narasimha – The Man-Lion. Diese Mischung ist einfach cool, man kann es nicht anders sagen, und ich freue mich darauf, in Zukunft mehr von ihnen zu sehen! Live sind sie auf jeden Fall eine Wucht!

CALVA LOUISE
Man soll ja bekanntlich den Morgen nicht vor dem Abend loben und so war es auch bei CALVA LOUISE. Bei den ersten Tönen des ersten Songs war ich sehr skeptisch und konnte mir nicht wirklich vorstellen, was da auf uns warten würde… Aber die dann gebotene Stilmischung war einfach nur bombastisch! Mit lediglich drei Menschen auf der Bühne haben CALVA LOUISE einfach 300% gegeben und es hat Spaß gemacht!
Ich finde es schwer, genau zu beschreiben, wie man sie musikalisch einordnen kann… Es ist eine Indie-Metal-Variante eines Sci-Fi-Films und das, was man vielleicht mittels eines Theremins umsetzen würde, machen CALVA LOUISE mit Gitarre, Keyboard, Drums und Bass. Es gibt punkige Momente, ebenso wie Sequenzen, die in der Progressive Metal Szene großen Beifall fänden. Dabei sind die internationalen Einflüsse dieser venezulanisch-französisch-britischen Gruppe nicht zu verleugnen. Besonders bemerkenswert empfand ich den Umstand, dass die Sängerin, deren Stimme mich teilweise an POPPY erinnerte, gleichzeitig sang, Gitarre spielte und das Keyboard bediente! Das hatte ich so auch noch nicht gesehen!
Wer sich auf eine wilde Stilmischung einlassen und sich von viel Spielfreude tragen lassen will, der macht mit einem CALVA LOUISE Set absolut nichts falsch! Vielleicht springt der Funke nicht beim ersten Mal über, doch wenn man dieser Band ein bisschen mehr Zeit gibt, brennt man am Ende lichterloh für sie!

BLOODYWOOD
Wer BLOODYWOOD nicht kennt, der hat die letzten Jahre definitiv in der Metal-Szene nicht aufgepasst! Die Band um Raoul Kerr, Jayant Bhadula und Karan Katiyar hat mit ihrer Erfolgsgeschichte eindrucksvoll bewiesen, dass Indien nicht nur ein überaus musisches Land ist, sondern dass extreme Musik dort lebt und gedeiht! Ihre Nu Delhi Metal Mischung, die traditionelle Instrumente kunstvoll einarbeitet, ist so hochwertig wie sie eingängig ist. Die Erwartungen waren bei uns dementsprechend hoch!
Interviewbedingt waren wir schon etwa zwei Stunden vor Einlass da und ich war sehr verwundert, dass dort schon Fans bereit standen, um als erste in die Location zu dürfen. Das hatten wir so auch schon lange nicht mehr! Das war für mich schon ein erster stichhaltiger Hinweis auf die Hingabe und Passion, die zwischen Fans und Band herrschen.
Und Leute, ganz ehrlich: Es war einfach nur unglaublich, was da abging, als die Band die ersten Töne gespielt hat. Von der ersten Sekunde an wär eine Energie zwischen Band und Publikum, die ich so noch nicht gesehen habe. Von Beginn an gab es ein Pit, das Publikum hat ordentlich Lärm gemacht und BLOODYWOOD haben diese Energie in sich aufgenommen und um ein vielfaches zurück gespielt! Wir haben in den letzten Jahren schon sehr viel erlebt, aber das war wirklich einzigartig! Es kam sogar so weit, dass Dhol-Spieler Sartak sich seinen Weg in die Menge bahnte und dann im Circle Pit weiterspielte! Genial!
Das Set bot das aus meiner Sicht Beste der Diskographie der Band von Dana-Dan über meinen Favoriten Jee Veerey bis hin zu Songs aus dem kommenden Album Nu Delhi! Selbst einen bisher unveröffentlichten Song namens Halla Bol gab es zu hören. An dieser Stelle kann ich auch verraten, dass ihr im bald erscheinenden Interview mehr über diesen speziellen Song erfahren werdet!

Was ich an BLOODYWOOD’s Musik so schätze ist die unverblümte Art, mit der die Gruppe sozialkritische Themen anspricht. Themen, wie etwa der (Post-)Kolonialismus, werden nicht wertend angesprochen oder vorwurfsvoll behandelt, sondern es ist ein sehr nüchterner Ansatz. Rebellion und sozialer Kampf sind etwas so universelles, dass jedes Publikum die Ansätze gut verstehen kann. Wenn ich Songs wie Machi Bhasad denke und sehe, wie das Publikum in Leipzig darauf reagiert hat, wie mächtig muss dann erst die Rezeption in Indien sein? In unserer heutigen Welt, wo man Rebellion als etwas Schlechtes und Minderwertiges begreift, machen BLOODYWOOD genau das, was die Mächtigen nicht von ihnen wollen. Es erinnert mich fast ein bisschen an ein Zitat aus R.F. Kuang’s Babel: „This is how colonialism works. It convinces us that the fallout from resistance is entirely our fault, that the immoral choice is resistance itself rather than the circumstances that demanded it.“ (An dieser Stelle auch nochmal eine große Empfehlung für dieses meisterhafte Buch!)
Den krönenden Abschluss des Konzertes bildete der Song Gaddaar, der wohl DER BLOODYWOOD-Song schlechthin ist. Wenn die architektonischen Strukturen des Täubchenthals nicht so stabil wären, das Publikum hätte sie sicherlich auseinandergenommen, so wie alle mitgegangen sind!
An dieser Stelle tritt auch der einzige Kritikpunkt zu Tage, den ich habe: Das Set beinhaltete lediglich neun Songs und war mit einer Gesamtdauer von etwa einer Stunde sehr kurz für ein Headline-Set. Ich kann nicht abschätzen, woran genau es lag, dass die Band nur so kurz gespielt hat, ein Blick auf die Setlists der schon bespielten Städte zeigt aber, dass sie überall das gleiche Set gespielt haben. Es kann also nicht am Veranstaltungsort liegen. Ich finde, dass ein Headliner einer Tour mit Muss 90min spielen kann. Das ist nur fair all denjenigen gegenüber, die sich ein Ticket gekauft haben! Wenn BLOODYWOOD das nächste Mal nach Leipzig kommen, dürfen sie also gern noch drei Songs mehr spielen!
Insgesamt können wir aber auf einen mehr als erfolgreichen Abend zurückblicken, der mein Gehirn nachhaltig neu verkabelt hat! Ich brauche mit Sicherheit noch zwei bis drei Werktage mehr, um darauf klarzukommen, wie cool das Konzert war.
Als Teil meiner Bewältigungstherapie wird hier in den kommenden Tagen auch noch ein Interview mit Rapper Raoul erscheinen, auf das ihr euch besonders freuen könnt! Bleibt also gespannt und bis bald!


1 Kommentar zu „Nu Delhi in Leipzig – BLOODYWOOD auf Tour in Europa“