Rockharz Tag 2: Ein Festival für alle?!

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Zum Bericht zu Tag 1 geht es hier!

Herzlich willkommen zu meinem Bericht zu Tag 2 der XXXXXL-Geburtstagsparty, die das Rockharz in diesem Jahr veranstaltet hat! Neben musikalischen Highlights erwartet euch auch ein kleiner Einblick in die Strategien, die das Projekt „Kultur für alle“ beim Rockharz in Zukunft etablieren will bzw. dieses Jahr schon umgesetzt hat!

Vielen Dank an lightinmirror.de für die wundervolle, bildliche Untermalung! 

Und vorab schon einmal so viel: Wenn ihr Fragen oder Anliegen zum Thema Inklusion beim Rockharz habt, wendet euch gerne jederzeit an inklusion@rockharz.de!

Pic by lightinmirror.de (c) 2023

Ein Festival für alle?!

Ein Umstand, den man sich als nichtbehinderter Mensch viel zu selten vollumfänglich bewusst macht, ist, wie gut und einfach man es eigentlich hat. Deine Lieblingsband spielt in deiner Stadt? Kein Problem! Du willst an einem Festival teilnehmen und campen? Nichts leichter als das! Dinge, die im Alltag nichtbehinderter Personen keinerlei Problem darstellen, können für Menschen mit Behinderung zu unüberbrückbaren Barrieren führen. Schon die grundlegende Frage, wo man den eigentlich hingehen könne, beschränkt die Auswahlmöglichkeiten ungemein. 

Um mit dem Rockharz einen weiteren Beitrag zu einer inklusiveren Gesellschaft leisten zu können, hat sich nach Corona das Projekt „Kultur für alle“ gegründet, das alle Betroffenen an einen Tisch mit dem Veranstaltungsteam bringt. So ist etwa Veranstalterin Dani mit von der Partie oder auch Fotograf Björn Schulz, den ihr vielleicht hin und wieder schon auf dem Infield gesehen habt.

In diesem Jahr ist beispielsweise schon das Camp für Menschen mit Behinderung verdoppelt worden, nachdem es 2022 erstmals vom VIP-Camping-Areal getrennt worden war. Aber die Angst vor möglichen Problemen auf dem Festival ist nach wie vor ein großes Hemmnis für viele. Die größte Schwierigkeit sei, sich zu trauen, so Björn Schulz im Gespräch. Das Camp sei für alle offen und gemeinsam mit der Lebenshilfe Braunschweig könne bisher jeder Pflegegrad abgedeckt werden. Im Zuge der Bemühungen das Festival so barrierefrei wie nur möglich zu machen, wurden Löcher mit festem Heckselmaterial verfüllt und Wege aus rutschfesten Hartgummibahnen angelegt. Darüber hinaus wurde eine eigene Rezeption eingerichtet, an der sich die Camper ihre Bändchen abholen können, um nicht den langen Berg zur regulären Bändchenausgabe erklimmen zu müssen. Zudem gibt es eigene Duschcontainer und barrierefreie Spültoiletten. Erstmals war mit dem Sanitätshaus Werner und Habermalz aus Goslar auch ein Sanitätshaus vor Ort, das Reparaturen anbieten und im Bedarfsfall für Ersatzgeräte sorgen kann. Die Nutzung war zwar kostenpflichtig, kann aber in vielen Fällen mit den Pflegekassen abgerechnet werden. 

Bei aller Euphorie über die bereits schon jetzt spürbaren Veränderungen, ist aber auch ein bisschen Vorsicht geboten: In diesem Jahr lag der Fokus noch auf Menschen, die auf die Nutzung eines Rollstuhls oder einer Gehhilfe angewiesen waren. Für Menschen, die sehbeeinträchtigt oder hörbehindert sind, wird aktuell noch mit Hochdruck an Lösungsansätzen gearbeitet. So ist etwa das Engagement eines Gebärdensprachdolmetschers für die Musik aufgrund der Tageslänge oder aufgrund fehlender Szeneaffinität ein Problem. Darüber hinaus stellt sich, wie so oft im Leben, auch die Frage der Finanzierung. Auch das vorgenannte Sanitätshaus ist bisher nur auf Sponsoring-Basis dabei, der Fortbestand dieses Angebots ist also ebenfalls noch lange nicht gesichert. 

Nichtsdestotrotz war der Ansturm auf das Festival und das entsprechende Camp so groß wie nie, was definitiv ein Anzeichen dafür ist, dass man hier einen signifikanten Bedarf hat. Es bleibt also spannend zu sehen, wie sich dieses wundervolle und wichtige Projekt und Anliegen in den nächsten Jahren entwickeln wird. 

Ihr habt Fragen, Probleme, Meinungen und Anregungen zum Thema Inklusion beim Rockharz? Meldet euch gern unter inklusion@rockharz.de!

Pic by lightinmirror.de (c) 2023

Licht und Schatten

Mein musikalisches Ziel am zweiten Festivaltag war es, bei TRIBULATION in der ersten Reihe zu stehen. Ein Vorhaben, das ich auch erfüllt habe. Ich habe diesen Tag etwas später begonnen, sodass ich nur noch einen Rest von THE DARK SIDE OF THE MOON, einem weiteren Bandprojekt von Melissa Bonny (AD INFINITUM) mitbekommen habe. 

Die darauffolgenden UNZUCHT habe ich dann nur peripher mitbekommen, fand es aber ganz ok. Es konnte aber nicht mit TRIBULATION mithalten, die definitiv mein Tageshighlight waren. Die Schweden spielen einen sehr detailverliebten (Blackened) Death Metal, der mich stellenweise an MORBID ANGEL erinnert. Die schnellen Akkordfolgen in Kombination mit dem Gesang von Johannes Andersson und dem präzisen Gitarrenklang, insbesondere von Gitarrist Adam Zaars, hat mich einfach komplett abgeholt. TRIBULATION boten eine gute Mischung ihrer Releases, wie etwa Hamartia oder Where the Gloom becomes Sound, bei denen auch mein persönlicher Lieblingssong In Remembrance nicht fehlen durfte. An diesem Tag waren sie wohl die am meisten unterschätzte Band, was vor allem auch an ihrer Position im Line-Up gelegen haben dürfte. Gegen die Fan-Favoriten FIDDLERS’S GREEN und MR. HURLEY UND DIE PULVERAFFEN, die ihnen nachfolgten, hatten sie aber absolut keine Chance. Wer hier eine so technisch gute Death Metal Band vor zwei Folk Bands gesetzt hat, hat TRIBULATION wirklich keinen Gefallen getan…

TRIBULATION @Rockharz 2023; Pic by lightinmirror.de (c) 2023

Für die partywütigen RockharzerInnen waren FIDDLER’S GREEN und MR. HURLEY UND DIE PULVERAFFEN aber genau das Richtige. Gerade letztere begeisterten mit ihren Evergreens wie etwa Blau wie das Meer. Auch neue Songs wie Achterbahn am Achterdeck fanden begeisterten Zuspruch beim Publikum. So ließ es sich eine junge Frau nicht nehmen auf einem Mann das Crowdsurfen auf eine neue Ebene zu heben. Respekt dafür!

Bedingt durch den Umstand, dass ich ein Interview hatte, sind DIE APOKALYPTISCHEN REITER leider völlig an mir vorbeigegangen.

Etwas verwirrt war ich dann beim Set von HÄMATOM. Gefühlt bestand es nur aus Covern, wie etwa Kids (2 Finger an den Kopf) von MARTERIA. Sowas muss man sicherlich mögen… Das Set wurde dann noch mit Hilfe von Alea (SALTATIO MORTIS) beendet.

Im Vorfeld hatte ich mich auch besonders auf PARADISE LOST gefreut. Die Briten sind eine unheimliche Szenegröße und ihre Songs haben eine so tiefgreifende Emotionalität an sich, dass man die Musik einfach lieben muss. Umso glücklicher war ich als sie sogar Hallowed Lands spielten, ein Song der zwar fast so alt ist, wie ich, aber für mich trotzdem zu ihren besten Werken gehört!

Etwas unglücklich empfand ich dann aber den Umstand, dass auf PARADISE LOST direkt FEUERSCHWANZ folgten. Hätte man die beiden getauscht, wäre der Tagesablauf aus meiner Sicht etwas stimmiger und der Bruch zwischen PARADISE LOST, FEUERSCHWANZ und dann IN FLAMES nicht so groß gewesen. 

Nichtsdestotrotz haben FEUERSCHWANZ eine wundervolle Show gespielt. Auch wenn ich mit ihren sonstigen Songs nicht so vertraut bin, so find ich ihre Cover absolut genial und habe mich sehr gefreut, dass sie auch meine Befindlichkeiten diesbezüglich im Set berücksichtigt haben! So konnten die Fans etwa das eingängige Cover von Dragostea Din Tei vernehmen! Mit von der Partie war auch Melissa Bonny, die schon früher am Tag mit THE DARK SIDE OF THE MOON auf der Bühne gestanden hatte.

IN FLAMES @Rockharz 2023; Pic by lightinmirror.de (c) 2023

Nun aber zum dem, aus meiner Sicht, besten Act des Tages: IN FLAMES! Wer diesen Blog hier verfolgt, wird vielleicht bemerkt haben, dass ich gerne Melodic Death, und hier insbesondere die Göteborger Schule, enorm liebe. IN FLAMES gehören für mich daher regelmäßig zum musikalischen Rotation zuhause und im Auto!

Und ich wurde absolut nicht enttäuscht! Die Show war einfach bombastisch! Diese mächtigen und kraftvollen Vocals von Anders Fridén jagen mir jedes Mal wieder eine Gänsehaut über den Körper! Die genialen Gitarren durchdringen Mark und Bein und diese perfekte Punktierung durch das Schlagzeug trägt dazu bei, dass sich eine IN FLAMES Show wie eine ganzheitliche Erfahrung anfühlt. Dieser Headliner-Slot war mehr als verdient! Musikalischer Höhepunkt der Show war ganz klar der Song Only for the Weak.

Einzige Kritik meinerseits: Ich hätte gern Meet Your Maker live gehört… Aber man kann ja bekanntlich nicht alles haben!

Eben habe ich ja gerade schon von Stilbrüchen gesprochen und anscheinend war das auch ein bisschen das Motto des Tages, denn als nächstes gaben sich die Franzosen von SKÁLD die Ehre.  Der Bandname leitet sich von der Bezeichnung für die skandinavischen Hofdichter (Skalden) ab und die Texte der Band sind zumeist auf Norwegisch. Dementsprechend nutzen sie für ihre Musik auch traditionelle Instrumente, wie etwa die Schamanentrommel. Das Bühnenbild war enorm beeindruckend und der Musik wohnt eine tiefe Spiritualität inne. Jedoch war ich etwas enttäuscht festzustellen, dass ein signifikanter Teil der Musik nicht live gespielt, sondern vom Band abgespielt wurde. Das hat diese Akustik-Erfahrung für mich etwas geschmälert. Unabhängig davon war der Auftritt für mich jedoch ein guter Abschluss für den Tag, denn ich hatte absolut keine Nerven mehr mir noch ONSLAUGHT anzuschauen.

Aber seid nicht verzagt, der Freitag war dafür umso intensiver!

SKÁLD @Rockharz 2023; Pic by lightinmirror.de (c) 2023

16 Kommentare zu „Rockharz Tag 2: Ein Festival für alle?!

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