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Die Tage sind länger, dunkler und kälter geworden. Ich ertappe mich derzeit auch immer wieder dabei, dass sich mein Musikkonsum dieser trist-trüben Stimmung anpasst. Hatte im Sommer und Spätherbst der Power Metal noch seine Vormachtstellung behauptet, so ging es jetzt langsam aber sicher über zu meinem geliebten Melodic Death Metal. Was liegt also näher sich das Melodic Death Metal Tourpaket des Jahres anzuschauen? Richtig, nichts!
Am 17.11. machte die erste Headliner-Tour WOLFHEARTs in Leipzig Halt und hatte BEFORE THE DAWN und HINAYANA im Gepäck. Weiter unten könnt ihr lesen, wie ich es fand!
Aber zunächst gilt mein Dank lightinmirror.de (und ihrem Galaxy-Taco-Katzen-Pulli), die mich an diesem Abend wieder herausragend unterstützt hat.
Darüber hinaus auch großen Dank an Napalm Records für das Organisieren und Tuomas Saukkonen für die Backstage-Pässe! Das hat uns wirklich enorm gefreut!

HINAYANA
Den Auftakt des Abends lieferten die Texaner von HINAYANA. Schon allein die Namenswahl ist hier bemerkenswert: Sofern mich mein Wissen über den Buddhismus nicht trügt, ist „Hinayana“ einer der Glaubenspfade, der letztlich in der Erleuchtung enden soll. Hinsichtlich der geographischen Herkunft der Band scheint dieser Name etwas kurios zu sein, aber wenn man sich etwas mit den Texten der Band auseinandersetzt, so sieht das Ganze doch schon etwas anders aus! Die Band präsentierte am Freitag Songs, die sich auf sehr szenetypischer Art und Weise mit der Position des Individuums im ewigen Kampf mit sich selbst und seiner Umwelt auseinandersetzten.
Als großer Fan der One For Sorrow-Era INSOMNIUMs kam ich hier musikalisch voll auf meine Kosten. Das, was die Finnen für mich in den letzten Jahren eingebüßt haben, scheinen die Amerikaner ganz bewusst in ihre Musik aufgenommen zu haben. Dunkel-garstige Growls treffen hier auf heftige Gitarren, die ganz wunderbar durch einprägsame Melodiebögen und einem Hauch Doom umrahmt werden. Insbesondere die Songs Triptych Visions und Reverse the Code haben es mir hier sehr angetan!
Als einzigen kleinen Kritikpunkt habe ich aber anzumerken, dass ich mir etwas mehr Publikumsanimation gewünscht hätte. Das war bei den beiden anderen Bands des Abends ausgeprägter. Als Vorband hat man immer nur wenig Zeit, aber mit ein paar mehr Worten, wirken die Ansagen des kommenden Songs auch nicht so geschäftsmäßig abfertigend.
Trotzdem war es ein wundervoller Auftritt einer Band, die man definitiv auf dem Schirm haben sollte, gerade mit ihrem erst kürzlich erschienen Album Shatter and Fall!

BEFORE THE DAWN
Wenn ich mich mit meinen Freunden unterhalte, die kein Metal hören, dann ist es für sie sehr schwer zu begreifen, dass man auch von Melodic Death Metal emotional berührt werden kann. Logischerweise kann ich da jetzt nicht für alle Metalheads sprechen, aber mich berührt diese Musik ungemein!
BEFORE THE DAWN sind im Kontext dieses Umstands nochmal ein ganz besonderes Beispiel. Als ich sie mit etwa 17 Jahren entdeckte, hatten sie sich schon aufgelöst und ich hatte keine Hoffnung, dass ich sie jemals würde live sehen können. Schon vor diesem Hintergrund war der Abend im Hellraiser etwas ganz Besonderes!
Mittlerweile haben BEFORE THE DAWN mit Paavo Laapotti einen stimmgewaltigen neuen Sänger gefunden, der es versteht, den Songs seinen ganz eigenen Stil zu verleihen. Es ist sicherlich nicht mehr das gleiche Feeling, wie vor der Pause, aber es wäre auch unfair diesen Standard zu Grunde zu legen. Ich schätze Authentizität mehr als ein irgendwie geartetes Cover. Und Leute, ich sag euch, ich hätte das ganze Set über vor Rührung nur heulen können. Es war so ein erhebendes Gefühl, diese Band in dieser Strahlkraft live zu erleben. Deathstar Rising ist eines der für meine musikalische Entwicklung wichtigsten Alben überhaupt und dann haben sie direkt auch Winter Within und Deathstar gespielt. Highlight der neueren Songs war dann Downhearted. Ich kann euch kaum begreiflich machen, mit wie viel Gefühl dieser Song von Paavo gesungen wurde. Es war einfach nur schön!

Ich denke, wenn man ein langjähriger Fan ist und genau den Sound und genau das Feeling wie vor der Auflösung erwartet, dann wird man sicherlich enttäuscht werden. Für mich ist das wichtige in diesem Kontext einfach ob die emotionale Ebene der Musik stimmt. An diesem Freitag stand eine Band auf der Bühne, die schlicht und ergreifend abgeliefert hat! Man spürt, wie viel Freude da einfach auch dabei war – insbesondere bei Sänger Paavo!
Ähnlich, wie ich das bei EQUILIBRIUM im Sommer schon geschrieben hatte, kann ich auch hier nur sagen, dass wir als Menschen immer einer steten Entwicklung unterworfen sind. Echten Stillstand und echte Gleichförmigkeit gibt es im realen Leben nicht, sodass ich es für unfair halte Bands an diesem Standard zu messen. Wir entwickeln uns weiter, lernen dazu und machen neue Erfahrungen. Für Künstler überträgt sich das eben auf die Bühne und führt dann eben zu anderen Klängen. Wer offen ist für eine musikalische Neu- und Weiterentwicklung, dem wird BEFORE THE DAWN im Jahr 2023 genau so Spaß machen, wie etwa 2011 als Deathstar Rising erschien!

WOLFHEART
Wer meinen Beitrag zum vierten Rockharztag in diesem Jahr gelesen hat, dem ist vielleicht noch in Erinnerung geblieben, dass auch WOLFHEART einen großen Anteil an meiner musikalischen Entwicklung hatten – insbesondere mit ihrem Album Winterborn! Nachdem mich ihr Auftritt beim Festival schon so überzeugt hat, war es eigentlich keine wirkliche Frage mehr, ob wir die anstehende Tour besuchen oder nicht.
Und was soll ich sagen? Nachdem die beiden unterstützenden Bands schon den Hellraiser ordentlich aufgewärmt haben, haben WOLFHEART ihn einfach abgerissen! Die nordisch-kalten Klänge passten hervorragend zu der derzeit vorherrschenden Jahreszeit und künstlerisch ist es ohnehin ein Fest!
Mit Songs wie Skyforger, The Hammer, The King und The Hunt war hier musikalisch für Fans sehr viel zu holen! Man merkte es Frontmann Tuomas Saukkonen auch gar nicht an, dass er auf dieser Tour bisher die doppelte Anzahl an Shows gespielt hat, einfach weil er ja auch bei BEFORE THE DAWN noch am Schlagzeug sitzt. Aber wenn das Leben einem Zitronen gibt, sollte man sich Wodka besorgen und das Beste daraus machen.

Was ich besonders an WOLFHEARTs Live-Performance schätze, ist die Vielseitigkeit der Bandmitglieder. Alle bringen Vocals ein, animieren das Publikum und können sich frei auf der Bühne bewegen und es wirkt weder einstudiert noch gezwungen. Das künstlerische Talent, was sich hier bietet, ist schon enorm!
Kurz hervorheben möchte ich auch den Umstand, dass Juuso Raatikainen (SWALLOW THE SUN) kurzfristig für Joonas Kauppinen eingesprungen war, der aufgrund einer Verletzung nicht die Tour spielen konnte. Sicherlich sind bei einer Aushilfe manche Details immer etwas anders, das hat einfach etwas mit dem persönlichen Stil zu tun, aber Juuso hat hier wirklich einen ganz wundervollen Job gemacht.
Wie immer im Leben enden die schönen Dinge aber leider immer viel zu früh und so war es auch hier. Ich hätte mir ein insgesamt längeres Set gewünscht, aber vor dem Hintergrund, dass Tuomas eben die doppelte Anzahl an Shows spielt und das sicherlich nicht körperlich folgenlos bleibt, war es doch vertretbar. Ich bin mir sicher, die nächste Show wird dreimal so lang!
Das war es natürlich aber noch nicht gänzlich von diesem Abend. In den kommenden Tagen erwartet euch hier noch das Interview mit Tuomas, also bleibt gespannt!


1 Kommentar zu „Die geballte Ladung Melodic Death – WOLFHEART in Leipzig “