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Kennt ihr das, wenn ihr etwas beginnen wollt und einfach nicht wisst, wie? So ging es mir bei diesem Artikel. Ich dachte, ich schreib hier etwas total tiefgründiges über das neue Jahr, die damit verbundenen Herausforderungen und garniere das Ganze noch ein bisschen mit sentimentalen Worten über das Jahr 2023. Wie so oft sind Vorstellung und Realität dann doch nochmal zwei verschiedene Dinge und so müsst ihr euch das jetzt einfach mal ein bisschen dazu denken!
Ich will es mir aber trotzdem nicht nehmen das nunmehr fünfte Jahr des Bestehens dieses Blogs gebührend einzuleiten: Am 30.12. gastierten DIE APOKALYPTISCHEN REITER mitsamt ihrer Schrei!Nachten-Tour im ausverkauften F-Haus in Jena und hatten als Unterstützung EQUILIBRIUM und DOMINUM im Gepäck. Unten im Beitrag könnt ihr lesen, wie ich den Abend erlebt habe und warum von Zombies über maskierte Trommler bis hin zu einem Schlauchboot alles dabei war!
Die Bilder stammen, wie immer, von der talentierten lightinmirror.de! Auf weitere wundervolle Jahre mit dir, in denen du dich nach einem Konzert bei mir beschwerst, dass die Bilder nichts geworden sind, nur um dann die krassesten Dinger ever abzuliefern!
DOMINUM
Den Abend eröffneten die Newcomer von DOMINUM. Eine Gruppe, bei denen sich mir, als ich sie das erste Mal vollständig auf der Bühne sah, direkt das Shakespeare-Zitat „All the world’s a stage!“ aufdrängte. Optisch war es in jedem Fall ein Hingucker, denn Sänger Dr.Death hatte seine „Metal-Zombies“ mit auf die Bühne gebracht. Das Aussehen der Zombies lässt sich sicherlich mit „SLIPKNOT meets The Walking Dead“ am adäquatesten beschreiben! Ich persönlich habe jetzt keine Berührungspunkte zu Zombiegeschichten jedweder Art, aber es war ein verdammt guter Hingucker!

Zu hören gab einige Kostproben des am 29.12. erschienenen Debut-Albums Hey Living People. DOMINUM spielen einen eingängigen Power Metal, der insbesondere durch seine Professionalität besticht. Man merkt, dass hier Menschen (bzw. Zombies) auf der Bühne stehen, die wissen, was sie tun! Sänger Dr. Death vermittelte während der gesamten Performance für mich durchgängig eine Stimmung, der man anmerken konnte, wie sehr er sich freute mit dieser Band und mit diesen Songs endlich auf der Bühne stehen und performen zu können. Schon allein durch diese Kombination aus der professionellen Performance, dem guten Songwriting und der Freude auf der Bühne kann man davon ausgehen, dass es diese Band sehr weit bringen wird.
Auch wenn es objektiv komplett fehlerlos ist und ich auch absolut nichts zu bemängeln habe, hat es mich nicht abholen können. Und das Schlimme ist, dass ich nicht mal richtig sagen kann, woran es jetzt genau liegt. Ich glaube, ich habe da einfach nicht zur Zielgruppe gehört und vielleicht war meine Erwartungshaltung auch die Falsche. Ich denke, wenn mir das Ganze als eine Art Power-Metal-Musical beworben wäre, wäre es vielleicht etwas anderes gewesen.
Wer aber einen eingängigen, teilweise selbstironischen (Ich sag nur „We all taste the same“) Power-Metal-Stil sucht, der ist bei DOMINUM komplett richtig! (Interaktion mit den Zombies aber auf eigene Gefahr!)

EQUILIBRIUM
Das Stichwort „Erwartungshaltung“ wird wohl bei keiner Band für mich so relevant, wie derzeit bei EQUILIBRIUM. Fabian hatte im Sommer bei seinem ersten Live-Auftritt mit EQUILIBRIUM noch einen gewissen „Welpenschutz“ für mich, den ich ihm aber nun nicht mehr zugestehen konnte. Hinzu kommt, dass in der Zwischenzeit noch die Single Cerulean Skies erschienen war.
Es galt also zu sehen, wie sich Fabian entwickelt hatte, wie sich die neuen Songs in das Repertoire der Band einfügen und wie die älteren Songs nun live klingen.
Wenn man, wie ich, schon seit etwa 12 Jahren Fan ist, dann entwickelt man sicherlich irgendwann ein Gefühl dafür, welche Songs live zu hören sein werden. Ich sags euch, ich hätte vorher wetten sollen! Aus dem ganzen Set waren nur zwei Songs dabei, mit denen ich absolut nicht gerechnet hätte!

Wie auch schon zum Rockharz eröffnete die internationale Gruppe ihr Set mit Shelter, einem Song, der sich echt gemacht hat, aus meiner Sicht. Allerdings gab es hier schon das erste Problem, das in der Größe der Bühne bestand. Es war einfach verdammt eng. Mit insgesamt fünf Musikern, deren Instrumente, Aufstellern an jeder Seite und noch zwei zusätzlichen Trommeln war einfach kuscheln angesagt. Als Musiker darf man augenscheinlich keine Platzangst haben.
Die Trommeln wurden an bestimmten Stellen eingesetzt, um nochmal ein bisschen Atmosphäre einzuarbeiten. Ich fand das auch gut gelungen, vor allem auch, weil die einzelnen Schläge auf die Trommeln durch eine gekonnte Lichtshow untermalt wurden. Generell hatten EQUILIBRIUM eine verdammt ästhetische Lichtshow, die mich sehr fasziniert hat! Davon in Zukunft sehr gerne mehr! Ich fand die Masken, die René und Dom am Anfang trugen, auch eine ganz nette Idee, da man hier auch die Verbindung zum Single-Cover von Shelter gut ziehen konnte. Den einzigen Nachteil an den Masken sehe ich dann spätestens im Sommer, wenn es wieder heiß draußen ist. Es ist sicherlich für die Performance nicht förderlich, wenn man schon beim ersten Song exorbitant schwitzt. Trotz allem war es ein nettes Detail.

Was mich tatsächlich auch etwas überrascht hat, war der Umstand, dass ein Drittel aller Songs des Sets aus Armageddon stammten. Mir war schon klar, dass Born to Be Epic und Rise Again dabei sein würden, aber auf Prey war ich nicht vorbereitet. Hinzu kam, dass direkt danach noch Heimat kam und das ist ein Song, den ich einfach nicht mehr hören kann. Ich weiß, dass viele den sehr lieben, aber ich hab den einfach schon ein paar hundert Mal zu viel gehört und ich find den mittlerweile auch irgendwie überholt. Tendenziell hätte ich lieber mehr aus anderen Veröffentlichungen gehört. Waldschrein oder Unbesiegt wären cool gewesen.
Fabians Moment war aber dann Cerulean Skies. Ich feier den Song ohnehin sehr, weil da von vorne bis hinten sehr viel auf sehr gute Art und Weise passt und da einfach manifestiert wird, warum gerade Fabian die passende Besetzung in diesem Stilabschnitt EQUILIBRIUMs ist. Das Schöne ist halt auch einfach, dass der Song live ebenso gut ist, wie in der Aufnahme. Die vielen Tempowechsel machen den Song jetzt nicht zu einem Kandidaten, zu dem man völlig losgelöst im Moshpit herumspringen kann, aber die Hörfreude kommt da einfach aus den unterschiedlichen Ebenen, die dem Hörer präsentiert werden.
Ob Blut im Auge direkt danach zu spielen so eine gute Entscheidung ist, lasse ich mal dahinstehen, denn auch diesen Song kann Fabian wirklich gut performen und es ist auch einfach schön zu sehen, dass er das auch deswegen gern macht, weil er mit der Musik auch gewissermaßen aufgewachsen ist. Ich persönlich fänd Unbesiegt live auch mal wieder gut, aber nach den Reaktionen des Publikums zu urteilen, ist Blut im Auge einfach DER Favorit schlechthin, sodass ich da nicht viel Hoffnung hege…

Insgesamt war ich sehr glücklich mit dem Auftritt und habe mich auch in meinen schon im Rockharz-Bericht aufgestellten Thesen bestätigt gesehen. Fabian muss sich auf keinen Fall verstecken, ganz im Gegenteil! Er ist auf herausragende Weise in der Lage sich in die Band einzufügen und das Repertoire zu performen. Es hat halt einfach mal wieder Spaß gemacht und wenn das kommende Album dieses Level halten kann, haben sich EQUILIBRIUM endgültig aus dem Zustand der Stagnation herausgearbeitet, in den sie sich, aus meiner Sicht, mit Renegades hineingegraben haben!

DIE APOKALYPTISCHEN REITER
Wenn es euch geht, wie mir, dann habt auch ihr ein bestimmtes Hörerlebnis im Kopf, wenn man euch sagt, dass man gleich DIE APOKALYPTISCHEN REITER hören wird. Dementsprechend muss eine Band, die länger existiert als ich auf der Welt bin, auch liefern. Und Leute, was war denn das für ein krasser Abriss in Jena??
In der Kombination von perfekt aufgewärmten Publikum mit Tourabschluss und einem Konzert in der thüringischen Heimat, haben die Reiter einfach das F-Haus zerstört und wieder aufgebaut, nur um es dann wieder komplett auseinander zu nehmen!

Aber von vorn: Die Antizipation auf den Headliner des Abends war in Jena an diesem Abend schon enorm gesteigert und so war es auch kein Wunder, dass das Publikum förmlich ausrastete als die Band um Sänger Fuchs kurz vor 21:30 die Bühne stürmte. Das Set mit Friede Sei Mit Dir zu eröffnen war auch definitiv die richtige Wahl und zudem eine, auf die ich auch richtig Lust hatte! Es geht nichts über das Gefühl einen Favoriten direkt am Anfang zu hören!
So stark wie man da begonnen hatte, so fulminant ging es dann auch weiter und DIE APOKALYPTISCHEN REITER zeigten mit Songs wie Herz in Flammen, Revolution oder Es wird Schlimmer warum sie ihren Platz in der deutschen Metal-Szene zurecht innehaben.
Besonders bestochen hat aber definitiv der Enthusiasmus des neu hinzugekommenen Gitarristen Titus! Ich bin davon überzeugt, dass es im Leben keine Zufälle gibt und so kann es eigentlich nur Bestimmung gewesen sein, dass Titus seinen Weg in die Band gefunden hat. Man merkt ihm einfach an, dass er genau mit der Band auf der Bühne steht, mit der er immer schon stehen sollte. Von Anfang stand er auf der Bühne als hätte er im Leben nie etwas anderes gemacht. Es war einfach krass! Einen besseren Fit hätte man sich auch im Labor nicht züchten können.
Der Enthusiasmus, den Titus, wie auch sein Bruder Rhogarr an den Drums, mit in die Band gebracht haben, führt einfach dazu, dass viel mehr Schwung auf der Bühne zu spüren ist. Das ist quasi wie ein musikalischer Jungbrunnen für Fuchs und Volk-Man!

Wo wir auch gerade bei Rohgarr waren: Auch der neue Drummer kann durch große Spielfreude überzeugen, die aber auch von einer so großen präzisen Professionalität geprägt ist, wie man sie bei nur wenigen noch findet. Insgesamt stand für mich nach dem Abend auch fest, dass mir diese neue Formation einfach nur verdammt gut gefällt!
Musikalisch war hier für alle was dabei, denn das Set war durchsetzt von einer wundervollen Mischung an älteren und neueren Songs, bei der man eigentlich nicht still stehen konnte. Riders on the Storm? Check! Die Sonne Scheint?Yes! Auf und Nieder? Jawohl und das sogar mit vokaler Verstärkung durch Frank von SCHATTENMANN! Frank bekam sogar ein auf ihn ganz persönlich zugeschnittenes Geschenk, das ein paar Taschentücher, Sekt und ein Unterhaltungsmagazin der besonderen Art beinhaltete. Ich glaub, da musste er sich vor Freude bestimmt das ein oder andere Tränchen verdrücken!
Neben all der gezeigten Kraft und Spielfreude, gab es aber auch ein paar einfühlsame Momente, wie etwa bei Wir reiten oder Erhelle meine Seele. Es ist eine besondere Kunst ein Publikum so mitzunehmen, dass sie einem durch alle Höhen und Tiefen eines Sets folgen. Es besteht die Gefahr, dass eine getragenere Stimmung schnell in eine art Feierabend-Gefühl umschlägt. Das war aber hier nicht der Fall und so wurde dann auch mit Wilde Kinder entsprechend nachgelegt.
Wem all das noch nicht genug war, der konnte sich dann auch an einer Einlage der besonderen Art erfreuen: Getreu dem Motto „Crowdsurfing, aber anders!“ wurde ein Schlauchboot zu Publikum gelassen. Einziger Insasse an diesem Abend? EQUILIBRIUM-Drummer Hati, der wohl gern einmal seine eigene Seetauglichkeit überprüfen wollte. Da auf die Metal-Fans immer Verlass ist, kam er auch wohlbehalten in einem Stück wieder zurück zur Bühne.

Besonders froh war ich auch über den Umstand, dass wir auch die aktuelle Single Adler Fliegen zu hören bekamen! Ich mag den Song sehr und live hat es einfach Spaß gemacht, auch wenn das schon der Anfang vom Ende war (leider!).
Jeder Konzertgänger wird das Gefühl kennen, wenn man merkt, dass das Set bald vorbei sein wird und man aber noch gefühlt stundenlang weitermachen könnte. Genau das war an diesem Abend auch so. Mein einziger wirklicher Kritikpunkt in Bezug auf den Auftritt der APOKALYPTISCHEN REITER ist daher, dass es nicht noch 20 weitere Songs zu hören gab. Das wäre ja wohl auch das Mindeste gewesen!!
Aber das Leben ist ja auch kein Wunschkonzert und so endete das letzte Konzert (und gewissermaßen auch das Jahr) 2023 mit dem Gefühl, dass ich genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Ich kann daher nur nochmal Danke für diesen Abend sagen und hoffen, dass es beim nächsten Mal ebenso gut, wenn nicht sogar noch besser, wird!
Wie gewohnt erwartet euch hier in Kürze auch noch ein Interview, auf das ich mich persönlich auch sehr freue. Stay tuned!


1 Kommentar zu „Volle Kraft in Jena: Schrei!Nachten-Tourabschluss mit DEN APOKALYPTISCHEN REITERN, EQUILIBRIUM und DOMINUM“