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Wer auch immer gedacht hat, dass der Konzertbericht zum STALLION und SANHEDRIN Gig in Erfurt mein letztes Wort zu diesem Thema war, hat falsch gedacht. Ich habe die Gelegenheit genutzt und Jeremy und Nathan vor der Show interviewt. Wir haben detailliert über ihr neues Album Lights On, die Tour und alles, was dazu gehört, gesprochen. Ich hoffe, ihr habt genau so viel Freude beim Lesen, wie ich beim interviewen!
Danke an lightinmirror.de für die wundervollen Bilder!

Shieldmaiden’s Voice: Wenn ihr euren musikalischen Stil in drei Worten beschreiben müsstet, welche würdet ihr wählen?
Jeremy: In drei Worten…
Nathan: Dinosaurier kämpfen gegeneinander!
Jeremy: So weit würde ich nicht gehen. Ich würde Heavy Metal Rock sagen. Es ist nicht sehr aufregend. Leider habe ich auch keine clevere Antwort. Vielleicht sollte ich seine Antwort benutzen!
SV: Was inspiriert eure Musik am Meisten?
Jeremy: Ich denke, dass es die Kombination von uns dreien als individuelle MusikerInnen ist und was wir machen, um uns gegenseitig beim Song schreiben zu inspirieren. Wir hören alle unterschiedliche Musikstile und wenn wir zusammenkommen, ziehen wir darauf unsere Inspiration. Wir versuchen Songs zu schreiben, die Power und Ehrlichkeit haben und die vielleicht inspirieren und zum Nachdenken anregen…
Nathan: Hinzu kommt das, was gerade in dieser Welt passiert, was uns selbst passiert, es ist also die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft, die uns Band und andere Bands inspirieren.
Jeremy: Die Inspiration selbst ist ein fast magisches Etwas und deshalb kann man schlecht sagen, wo etwas Bestimmtes herkommt. Es passiert einfach irgendwie.
SV: Welche Message wollt ihr mit dem neuen Album zum Ausdruck bringen?
Jeremy: Es ist weniger eine Message, als eine Perspektive. Wir haben alle die letzten Jahre viel durchmachen müssen und gerade mit dem Konzept von Lights On wollen wir das zum Ausdruck bringen. Wenn man sich das Albumcover anschaut, sieht man dieses schöne, gelassene Bild, aber dann ist dort auch diese Macht, die Licht darauf scheinen lässt und hinter dem Vorhang sieht man Zerstörung, Chaos oder Dinge, die nicht so gut sind. Mit der für uns verfügbaren Technologien und Informationen können immer mehr Menschen hinter die Narrativen schauen, die unsere Gesellschaft negativ beeinflussen und die nicht der beste Weg nach vorne sind. Das ermöglicht es uns auch das alles zu hinterfragen.
Nathan: Zusammenfassend kann man sagen, dass die Menschen lange im Dunkeln tappten, aber nun aufgewacht sind und genau aufpassen. Vorher sind viele Dinge nur im Verborgenen passiert und heute sind sie sehr transparent und sichtbar.
SV: Wenn ihr bedenkt, was die letzten Jahre passiert ist, wie hat die Pandemie die Arbeit an eurem Album beeinflusst?
Jeremy: Es war alles sehr verrückt und ich habe tatsächlich an der Westküste gelebt, als die Pandemie begann und kurz darauf ist auch meine Mutter verstorben. Für mich war es eine positive Kraft aus diesem Tief, weil ich das Album hatte, an dem ich arbeiten musste. Wenn man sich mit der technische Seite befasst, dann mussten wir lernen, wie wir aus der Entfernung heraus arbeiten und dabei trotzdem kreativ sein können. Anstatt uns einmal die Woche zum Proben zu treffen, haben wir E-Mails verschickt und schlussendlich haben wir die Demo für das Album jeweils separat aufgenommen. Nathan hat die Drums auf seinem iPhone gespielt, ich habe Gitarre gespielt, das habe ich per Mail dann an Erica geschickt, die wiederum Bass gespielt und es mir per Mail zurück gesendet hat, wo ich es dann gemixt und zum Label geschickt habe. Wir mussten unseren Prozess anpassen, aber es war kein großes Hindernis, weil die Band uns viel bedeutet.
Nathan: Wir hatten auch mehr Zeit an diesem Album zu arbeiten als jemals zuvor. Wir haben entschieden, dass wir so viel Zeit und Geld wie nötig, in die Aufnahmen stecken und wir wollten einfach das bestmögliche Ergebnis abliefern. Wir haben das erste Mal mit einem größeren Label zusammengearbeitet, weswegen wir uns umso mehr steigern wollten. Was den Prozess dahinter angeht, so sind die meisten Songs entstanden, als Jeremy uns besucht hat und wir in einem Raum waren. Jeremy hat aber auch ganz richtig gesagt, dass es diesmal wesentlich anders für uns war, weil wir an unterschiedlichen Orten gelebt haben.
Jeremy: Wir wollten auch wieder in das Studio gehen, in dem schon unsere ersten beiden Alben entstanden waren, weil die Songs ja schon eine Weile fertig waren, bevor irgendwelche Aufnahmestudios wieder öffnen konnten. Bei dem letzten Album hatten wir auch nicht so viel Zeit bestimmte Details zu diskutieren. Diesmal konnten wir sehr ausgefeilte machen und hatten auch eine Vision davon, wie wir sie dann im Studio aufnehmen wollten.
SV: Würdet ihr sagen, dass das dazu geführt, dass man deswegen auf eurem Album Elemente findet, die euch wirklich von anderen Bands eures Genres abheben?
Nathan: Ich denke nicht, dass das unsere Mission war. Es ging uns eher darum uns reinzuhängen und zu zeigen, wer wir sind und dabei auch unseren Sound und die Message klar zu definieren. Für mich persönlich war der Blick nach außen nicht wichtig.
Jeremy: Da es jetzt unserer drittes Album ist und wir mit dem letzten Album vor allem 2019 einigen Erfolg hatten, bevor alles den Bach runter ging, waren wir in der Lage uns von unserer eigenen Musik beeinflussen zu lassen anstatt uns auf die Künstler zu konzentrieren, die uns lange vorher beeinflusst haben. Basierend auf den letzten zwei Sets von Songs, konnten wir wirklich darüber nachdenken, was den SANHEDRIN Sound ausmacht. Es ist nicht unser Ziel so zu klingen, wie andere Bands, auch wenn unsere Wurzeln in ähnlichen Sounds liegen.
SV: Hattet in den vergangenen Tagen der Tour ihr schon eine Chance euren Lieblingslivesong zu wählen?
Nathan: Von den neuen Songs mag ich sehr gerne Change Takes Forever, weil man sich einfach reinhängen und intensiv sein muss. Ich mag aber auch No Religion sehr gern. Es ist ein toller Song und wir sind jetzt schon so lange eine Band, dass es diesen Song noch besonderer macht, weil es der vierte oder fünfte Song war, den wir je zusammen geschrieben haben.
Jeremy: Der Song war auf unserer Demo 2015. Es war einer dieser Songs, den wir für in unserer Karriere geschrieben haben, der uns wirklich glauben ließ, dass wir mehr sind als nur ein Feierabend-Projekt und dass wir wirklich eine Band werden.
Nathan: Es ist auch ein Song, den wir lange nicht gespielt haben. Nachdem The Poisoner erschienen war, haben wir uns mehr auf die dort enthaltenen Songs fokussiert und es tut gut, ihn jetzt wieder zu spielen.
Jeremy: Wenn mich jetzt aber jemand bittet einen Song zu spielen, der jetzt stellvertretend für unsere Band steht, dann wäre es Change Takes Forever, weil er all die Elemente hat, die wir ausprobiert haben und weil er ein paar geniale Drums hat!

SV: Wie ist die Tour bisher gewesen?
Jeremy: Sehr gut, sehr reibungslos und das Publikum ist super! Es ist immer schön hierher zu kommen. In Deutschland hat man für uns mehr Passion übrig als das bisher bei uns Zuhause der Fall ist. Ursprünglich sollten wir beim KEEP IT TRUE spielen, weswegen diese Tourdaten gebucht worden. Als das Festival dann abgesagt wurde, mussten wir uns entscheiden, ob wir die Tour wegen finanzieller Unsicherheit absagen oder einfach hierher fliegen und sie spielen sollten, weil wir gerade ein neues Album veröffentlicht hatten und es für unsere Fans spielen wollten. Darum sind wir nun hier!
SV: Habt ihr Unterschiede zwischen dem Publikum vor Covid und danach festgestellt?
Jeremy: Nein, das würde ich nicht sagen. Es ist ziemlich gleich geblieben. Mein Eindruck ist, dass die Fans, wenn ich mit ihnen rede, genau so aufgeregt sind eine Live Show zu sehen, wie wir es sind, wenn es darum geht sie zu spielen.
Nathan: Um nochmal auf die vorherige Frage zurückzukommen, wie die Tour läuft: Wir sind das erste Mal in Europa mit einer europäischen Band unterwegs und STALLION sind der Wahnsinn! Sie sind eine geniale Band, mit der wir gerne die Bühne teilen, auch wenn es echt schwer ist nach ihnen zu spielen, eben weil sie so gut sind. Es ist angenehm auch mal eine europäische Perspektive zu haben, denn die anderen Male, die wir hier waren, waren immer mit amerikanischen oder kanadischen Bands. Es ist etwas sehr besonderes, dass diesmal so zu haben!
Jeremy: Ohne STALLIONs Großzügigkeit, die uns viel Equipment leihen und vieles Geschäftliche vor unserer Ankunft gehandhabt haben, wäre das alles nicht möglich gewesen. Sie waren und sind essentiell für diese Erfahrung.
SV: Wenn ihr mit irgendeiner existierenden Band, außer STALLION, die Bühne teilen könntet, welche würdet ihr wählen?
Nathan: Ich würde mich für IRON MAIDEN entscheiden.
Jeremy: Ich hab das Gefühl, dass das eine unterhaltsame Show wäre. Man soll ja auch von Großem träumen, nicht wahr? IRON MAIDEN wäre für uns immer die standardmäßige Antwort.
Nathan: Mir würden METALLICA auch reichen. [alle lachen]
Jeremy: Ich denke, dass der nächste Schritt für uns wäre, einen Support Slot bei einer größeren Band zu bekommen. Das wird aber von besser vernetzten Menschen, als uns, organisiert.
SV: Was für Live Auftritte habt ihr dieses Jahr noch geplant?
Jeremy: Wenn wir diese Tour beendet haben, fliegen wir zurück nach Brooklyn, sind dort gerade lang genug, um unsere Wäsche zu waschen und dann geht es für uns in den mittleren Westen der USA, wo wir drei Show spielen werden, unter anderem das LEGIONS OF METAL Festival in Chicago. Im Juni sind noch ein paar weitere Shows an der Ostküste geplant, aber alles weitere kommt eher kurzfristig auf uns zu. Normalerweise wird eine Tour Monate im Voraus geplant und gebucht und derzeit wird alles mit nur einem oder zwei Monaten Vorlauf organisiert, also nehmen wir es einfach, wie es kommt. Wir haben in Nordamerika und Europa sehr gute Booking Agents, die ihr Bestes geben. Mehr haben wir derzeit nicht.
SV: Was bedeutet es euch, dass ihr nicht nur von eurem Label Metal Blade Records, sondern auch von euren Fans so unterstützt werdet?
Jeremy: Gerade in dieser Zeit fühle ich vor allem große Dankbarkeit. 2019 haben sowohl Fans als auch Musiker das gemacht [Live Konzerte besucht und gespielt] und dann wurde es uns einfach weggenommen und da fragt man sich natürlich schon, wann das alles wieder kommt. Wenn ich auf der Bühne stehe und sehe, dass Leute unsere Songs mitsingen, dann werde ich sehr emotional.
Nathan: Es ist wundervoll, dass wir das, was wir tun, mit Menschen teilen können, denen es sehr gefällt. Unser letztes Label, Cruz del Sur, hat sich wirklich um uns gekümmert, unser aktuelles Label tut dies ebenso und wenn wir hierher kommen und für euch spielen können, ist es einfach nur toll.
Jeremy: Es dieses Mal einfach sehr viel Liebe im Raum. Die war immer da, aber es ist jetzt intensiver. Interessanterweise würden wir drei das hier auch machen, wenn wir nur eine lokale Band wären, eben weil wir Freunde sind. Wir verstehen uns gut, wir schätzen einander sehr und dass wir in unserem Proberaum in Brooklyn Songs schreiben, die direkt zu Flugtickets nach Kalifornien oder Europa führen, ist einfach unglaublich. Wir werden es nie für selbstverständlich halten, dass die Leute Geld bezahlen, um uns zu sehen.
SV: Wie kann man euch am Besten unterstützen?
Jeremy: Wir haben einen Merch-Store. Wenn man auf unsere Website geht, findet man dort den Link zu unserem Merch Store, zu Bandcamp, iTunes, Spotify und all den anderen Dingen. Der direkteste Weg wäre im Merch Store vorbeizuschauen, den wir vor Veröffentlichung unseres Album eröffnet haben. Ich packe die Bestellungen auch selbst!
SV: Gibt es etwas, das ihr diesem Interview hinzufügen wollt und worüber wir noch nicht gesprochen haben?
Jeremy: Ein großes, dickes Dankeschön geht an jeden, der uns und vergleichbare Bands unterstützt. Die Metal-Community als solche ist etwas, von dem ich wünschte, dass mehr Menschen in der Gesellschaft sie erleben könnten. Vielleicht hätte man als Ergebnis weniger Probleme in der Welt.
Was für ein passendes Schlusswort! Vergesst nicht in ihrem Merch Store vorbeizuschauen und eine Live-Show in eurer Nähe anzuschauen!

1 Kommentar zu „„Mir würde METALLICA reichen.“ – Ein Interview mit SANHEDRIN“