Winterliche Kälte und düstere Klänge: HARAKIRI FOR THE SKY in Erfurt

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Wenn der Schnee die karge Landschaft bedeckt und der eigene Atem sich in blassen Wolken zeigt, dann ist das die perfekte Stimmung, um sich ein paar Stunden im Black Metal zu verlieren. Der vergangene Samstag erfüllte all jene Voraussetzungen und so war es eigentlich kein Wunder, dass die anstehende Show von HARAKIRI FOR THE SKY, SCHAMMASCH und GROZA im Vorfeld auch ausverkauft war. 

Um schonmal einen Aspekt vorwegzunehmen: Einen besseren Start in das Konzertjahr hätte es nicht geben können!

Auch für diesen Beitrag hat lightinmirror.de wieder herausragende Fotos gemacht! Vielen lieben Dank dafür!

Wer meinen Blog in der Zeit des Bestehens etwas verfolgt hat, wird gemerkt haben, dass ich nicht schwerpunktmäßig über Black Metal berichte und der einzig relevante Beitrag dazu bisher die Album-Review zu dem PERCHTA Debütalbum Åtem war. Dazu ist zu sagen, dass es stets mein Ziel ist, die Musik abzubilden, die mich bewegt. Zum besseren Verständnis versuche ich immer die Musik etwas in einen Genre-Kontext einzuordnen, aber dem würde ich mich in meinem alltäglichen Musikgenuss nicht unterordnen. Ich höre, was mir gefällt und das kann, rechtsideologisch motivierte Musik ausgenommen, eigentlich alles sein. Es ist mir daher eine besondere Freude und Ehre, dass ich dieses Jahr direkt mit drei so ausdrucksstarken Bands beginnen kann!

HARAKIRI FOR THE SKY; Pic by lightinmirror.de (c) 2023

GROZA

Opener des Abends war die bayrische Band GROZA. Die Band war mir im Vorfeld immer mal wieder durch diverse Algorithmen auf Spotify und Social Media begegnet, aber ich hatte leider bisher noch keine Gelegenheit sie live zu sehen.

Musikalisch würde ich GROZA als die Schnittmenge aus HARAKIRI FOR THE SKY, DISSECTION und vielleicht noch DARKTHRONE beschreiben. Die gezeigte Performance war geprägt von der nachtschwarzen Düsternis eines Wintertages und der Melancholie, die man bei signifikanten Abschieden empfindet. Es hat mich von Anfang an wirklich sehr tief berührt. 

Mein Eindruck war außerdem, dass sie selbst eine tiefe Verbindung zu ihrer Musik pflegen, die sich vor allem darin manifestiert, dass alle Bandmitglieder auf der Bühne ihr Gesicht nicht gezeigt haben. Die so gewonnene Distanz zwischen Person und Musik rückt letztere unweigerlich weiter in den Fokus und bereitet dem eigentlichen Werk eine viel größere Tragweite. 

Alles in allem hatte ich an diesem Auftritt sehr große Freude, nicht zuletzt, weil es wieder einige Gefühle hervorgerufen hat, über die ich in den kommenden Tagen noch etwas nachdenken kann. Die Konfrontation zwischen dem Selbst und der Realität der Psyche ist eine meiner Quintessenzen des Black Metal und diese Band hat dieses Spannungsverhältnis außerordentlich gut musikalisch verarbeitet!

GROZA; Pic by lightinmirror.de (c) 2023

SCHAMMASCH

Gänzlich unbekannt waren mir die Schweizer von SCHAMMASCH. Unwissenheit kann aber durchaus hilfreich sein, weil man der gespielten Musik unvoreingenommen gegenübertreten kann. Und wer entdeckt nicht gerne neue Musik?

Den Stil der Band würde ich als eine Mischung aus Black Metal, Ambient und Doom bezeichnen und ich war sehr begeistert von der stilistischen Tiefgründigkeit der gespielten Musik. Stellenweise empfand ich gerade das Schlagzeugspiel als sehr hypnotisch und ich habe mich auch dabei ertappt, wie ich mich beim Zuhören in der Musik verloren habe. Das kann man im Text  gar nicht so gut wiedergeben, wie es sich angefühlt hat. Es war, als würde die Band eine Art dunklen Sog schaffen, der zum genauen Hinhören einlädt.

Mein Eindruck von dieser Band war darüber hinaus, dass sie sehr viel Wert auf die detailreiche Ausgestaltung ihrer Musik legen. Man konnte sehr viele Details erhören und hilfreich war auch hier eine Art Inkognito-Mode der Band. Durch die Unkenntlichkeit genauer Gesichtszüge der Band rückte die Musik unweigerlich in den Vordergrund. Unterstützt wurde das Ganze auch durch ein enorm gute Abmischung des Tons, was sich bei allen Bands des Abends bemerkbar machte. 

Insgesamt war das Line-Up für diesen Abend wirklich tadellos. Ich habe, denke ich, lange kein Black Metal Konzert erlebt, das mich so wunschlos glücklich gemacht hat!

SCHAMMASCH; Pic by lightinmirror.de (c) 2023

HARAKIRI FOR THE SKY 

Der Auftritt von HARAKIRI FOR THE SKY begann für mich mental eigentlich schon im Dezember. Die Zusage für das Konzert kam nämlich genau an meinem Geburtstag, was ich doch irgendwie als Zeichen gewertet habe, denn sowas kann einfach kein Zufall sein!

Es gibt für mich kaum eine Band, die so gekonnt die dunkelsten emotionalen Abgründe abbilden kann. Jeder Song ruft bei mir sehr spezifische Gefühle hervor und kann sich so einen ganz speziellen Platz erarbeiten. Auf dieser Grundlage war es für mich eine absolut besondere Situation dieses Konzert für diesen Blog begleiten zu dürfen. 

Stilistisch gesehen sprengen HARAKIRI FOR THE SKY für mich die Grenzen des Black Metal. Es gibt zwar einige für Black Metal typische Stilelemente, wie etwa das Screaming und eher verzerrte Gitarren, aber im Großen und Ganzen sind die Songs deutlicher von Melodien geprägt und auch vielseitiger.

Vielseitig war auch das dargebotene Set, das direkt mit dem Song Sing For The Damage We’ve Done vom Album Maere eröffnet wurde. Zufälligerweise ist das auch ein Song, den ich mir stundenlang anhören könnte. Gefühlt sind die Hälfte der Streams auf Spotify auch von mir. Besser hätte das also aus meiner Sicht nicht losgehen können!

Das dargebotene Set war gut durchmischt und hat das Publikum auch gut durch die Stimmungen getragen Es wurde genau an den richtigen Stellen etwas ruhiger und an anderen wieder durchgreifender. Man merkt allen Musikern in dieser Band an, wie sehr sie mit der Musik verbunden sind. Insbesondere Sänger J.J. legt die in der Musik transportierten Gefühle mit jeder Faser seines Körpers in die Welt, was den Auftritt nur umso realer macht.

Aber wie alles im Leben, musste auch dieser Auftritt irgendwann zum Ende kommen. HARAKIRI FOR THE SKY haben dabei auch die absolut perfekte Entscheidung getroffen, ihr Set mit Song To Say Goodbye zu beenden, was meinem inneren Monk sehr gefallen hat! Insgesamt hat es sich aber angefühlt, als hätte das Set nur 10min gedauert. Es war so schnell vorbei, auch wenn die Spielzeit faktisch sehr lang war… Insofern ist mein einziger Kritikpunkt dieses Abends, dass es noch länger hätte gehen können!

Solltet ihr da draußen mit dem Gedanken spielen diese Tour zu besuchen oder eine der hier besprochenen Bands live zu erleben, dann macht das unbedingt! Es lohnt sich!

HARAKIRI FOR THE SKY; Pic by lightinmirror.de (c) 2023

1 Kommentar zu „Winterliche Kälte und düstere Klänge: HARAKIRI FOR THE SKY in Erfurt

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