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Wie ihr wisst, ist nach dem Konzertbericht ja vor dem Interview und darum sollt ihr da draußen auch nicht länger warten müssen! Im Vorfeld ihres Konzerts in Leipzig hat sich Jan von CHAOSBAY die zeit genommen ein paar meiner Fragen zu beantworten. Wie sich herausgestellt hat, habe ich ein paar Dinge in 2222 nicht so verstanden, wie sie gemeint waren… Was genau das war und warum das zeigt, dass man vom Musikgeschmack auf das Weltbild schließen kann, lest ihr, unter anderem, im unterstehenden Interview.
Danke auch wieder an lightinmirror.de für die tollen Bilder!

Shieldmaiden’s Voice: Was ist das erste, woran die Leute denken sollen, wenn sie CHAOSBAY hören?
Jan: An unser bekanntestes Lied! Gerne aber auch an unsere Melodien, denn wir identifizieren uns hauptsächlich über unsere Songs. Von daher sollte man die auch im Ohr haben, wenn man unseren Bandnamen hört. Denkt gerne an einen schönen Chorus, der euch gut tut. Das wäre eine schöne Assoziation!
SV: Was macht euch an eurer Musik am meisten Freude?
Jan: Die größte Freude bereitet uns das Live spielen unserer Musik. Das ist auch ein bisschen witzig, weil wir die Songs nie so schreiben, dass wir im Proberaum mal ausprobieren. Das kommt immer erst kurz vor der Tour [lacht]. Da zeigt sich dann auch immer, ob die Songs funktionieren und bisher hat das immer hingehauen. Von daher macht es wirklich Spaß die einzelnen Puzzleteile unserer Arbeit zusammenzusetzen und zu sehen, welches Bild sich am Ende ergibt. Die Songs live zu spielen ist ein wichtiges Teil in dem Gesamtbild.
SV: Wir sitzen ja auch nicht das erste Mal zusammen und mit jedem Mal, dass wir uns gesehen haben, sind die Locations ein bisschen größer und schöner geworden, was, aus meiner Sicht, ein Hinweis auf eure wachsende Fangemeinde ist. Was bedeutet es euch, dass ihr stetig wachst?
Jan: Alles! Es bedeutet uns unfassbar viel. Gerade diese Tour hat uns gezeigt, dass Leute, obwohl es finanziell schwierig ist und Corona viel Unsicherheit mich sich bringt, trotz allem Geld und Zeit investieren, um uns zu sehen. Diesmal sind es auch mindestens doppelt so viele, wie bei der letzten Tour. Das zeigt uns, dass es sich auch wirklich lohnt.

SV: Mit 2222 habt ihr einen Blick in die Zukunft geworfen und überlegt, wie die Welt dann aussehen könnte. Gibt es da noch Überschneidungspunkte zu dem, was ihr in Asylum gemacht habt?
Jan: Nein, eigentlich überhaupt nicht. Das ist ja auch das Ziel, dass die komplett gegenteilige Welt entworfen wird. Eine Welt, die auch komplett anders ist als die mit den Problemen und der Fremdenfeindlichkeit, die in Asylum beschrieben wird. Die ist ja in 2222 nicht mehr da. Insofern gibt es da, schönerweise, keine Überschneidungen.
SV: Die Welt, die ihr in 2222 beschreibt, ist aus meiner Sicht sehr dystopisch. Da könnte man ja fast auf die Idee kommen, dass ihr etwas pessimistisch in die Zukunft blickt…
Jan: Die Welt in 2222 ist nicht dystopisch, sie ist utopisch im positiven Sinne. Das ist überhaupt nicht dystopisch gemeint. Es gibt zwar am Ende ein Gedankenspiel, dass auch eine perfekte Welt, wie sie auf dem Album beschrieben wird, nicht das Ziel ist, sondern dass das Ziel immer unerreichbar bleibt. Das ist aber auch das einzig Negative, was es da gibt. Alles andere, was beschrieben wird, ist komplett positiv.
SV: Wahrscheinlich habe ich das dann einfach schon wieder zu kritisch betrachtet. Ich war bestimmt schon darauf gepolt, dass mich sowas erwartet!
Jan: Das ist voll interessant, dass du das so sagst, weil wir genau das mit dem Album eigentlich nicht machen wollten! Wir wollten damit brechen, dass die Metalheads die Zukunft immer mit Dystopie und Aliens assoziieren. Sehr interessant, dass vielleicht alleine die Musikrichtung einen dazu bringt das Album so zu betrachten.
Es ist auf jeden Fall das komplette Gegenteil. Das Album ist sehr optimistisch. Die Freude, die wir beim Spielen auf der Bühne haben, wollten wir auch in die Welt bringen.
SV: Die Messages, die ihr verbreiten wollt, haben ja auf die eine oder andere Art und Weise immer auch eine politische Konnotation. Normalerweise ist die Metalszene aber eher unpolitisch, oder versucht es zumindest zu sein. Warum ist es euch unter diesen Umständen dann so wichtig ein Statement zu setzen?
Jan: Ich merke beim Schreiben immer wieder, dass es so viele Themen da draußen gibt, die verarbeitet werden müssen und die mich auch einfach persönlich sehr beschäftigen. Jedes Mal, wenn ich etwas schreibe, was autobiografisch ist oder was meine Gefühle betrifft, dann wird mir mein eigenes Privileg bewusst. Ich habe eigentlich sehr wenige, wirkliche Probleme, die man verarbeiten kann, sodass es mir falsch vorkäme das zu thematisieren. Das würde auch niemanden so wirklich interessieren, denke ich, weil ich ja auch nur ein ganz normaler Typ bin. Von daher thematisiere ich viel lieber das, was auch wirklich alle betrifft. Das ist auch absolut nötig, vor allem, wenn du auch sagst, dass die Metalszene eher unpolitisch ist. Allein daraus ergibt sich ja dann eine Notwendigkeit. Wir wollen das aber auch nicht mit einem moralischen Zeigefinger machen. So politisch oder kritisch unsere Songs auch sein mögen, man kann trotzdem zu allen ein Circle Pit starten und einfach abfeiern. Es ist cool, dass beides geht!
SV: Ist aus eurer Sicht 2222 ein größerer Meilenstein als Asylum?
Jan: Auf jeden Fall! Das liegt aber vielleicht auch daran, dass Asylum mitten in der Corona-Zeit erschienen ist und da wir nicht live spielen konnten, war der Schritt, den wir getan haben, nicht wirklich spürbar. Es war schon ein großer Schritt, aber 2222 war ein Schritt, der eben jetzt auch zu dieser Tour geführt hat. Es ist einfach eine deutliche Steigerung. Für mich fühlt es sich auch so an, als würden beide Alben zu einer großen Einheit gehören, die uns nach vorne bringt. Wenn wir die Songs zusammen spielen, fühlt es sich nicht wie „das Alte“ und „das Neue“ an. Es war wirklich eine geile Zeit, in der wir diese Alben gemacht haben und das pusht uns gerade total!

SV: Welche Ziele konntet ihr dann mit 2222 verwirklichen, die ihr mit Asylum nicht umsetzen konntet?
Jan: Wir konnten 2222 über ein richtiges Plattenlabel veröffentlichen, die EP Boxes übrigens ja auch. Das war schon ein wichtiger Meilenstein. Mittlerweile haben wir auch eine Booking-Agentur und ein richtiges Business-Team im Hintergrund. Dazu kommt, dass wir jetzt endlich eine eigene Headliner-Tour spielen können, wo auch viele Leute kommen. Wenn man sieht, dass Leute zu den Konzerten kommen, die man nicht kennt, ist das ein Schritt, den man sich als Band wünscht!
SV: Welche Ziele wollt ihr dann demnächst in Angriff nehmen?
Jan: Wir werden dieses Jahr mehrfach international spielen, allein das ist sehr geil! Unser Ziel ist es uns noch mehr nach Außen zu orientieren und vielleicht auch mehr mit internationalen KünstlerInnen zusammenzuarbeiten. Darüber hinaus wollen wir dieses Jahr noch die ein oder andere Single herausbringen. Ein konkretes Ziel ist aber mal international mit einer größeren Band zu touren. Leider liegt das nicht so sehr in unserer Hand, da muss uns das Schicksal noch gewogen sein. Ansonsten lieben wir es, wie es gerade wächst und es darf gerne so weiter gehen!
SV: Welche Sache würdest du an euch als Band auf keinen Fall ändern?
Jan: Die Besetzung! Die Besetzung ist traumhaft, wir kennen uns alle schon ewig und es ist, als ob man mit Freunden auf Klassenfahrt gehen würde und das wird auch immer cooler, weil man ein immer eingespielteres Team wird. Es ist wirklich cool!
SV: Was verpassen die Leute, die euch in Leipzig nicht live gesehen haben?
Jan: Die verpassen auf jeden Fall einen unfassbar spaßigen Abend und das nicht nur, wenn man Metalfan ist, sondern auch, wenn man handgemachte Musik mag. Ich glaube, dass es sehr viel Spaß macht mit uns einen Abend lang zu feiern und Party zu machen! Außerdem haben wir heute noch drei unserer berühmten, bunten Hosen dabei, die Alex alleine bedruckt hat und die er immer auf der Bühne trägt. Natürlich verkaufen wir nicht die getragenen Hosen, aber die wurden auf der Tour sehr gut angenommen und ich befürchte, dass wir die letzten Drei heute auch noch verkaufen. Das ist also das Schlimmste, was man hier verpassen kann! [lacht]
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich nicht gecheckt habe, ob die Hosen tatsächlich alle verkauft wurden… Aber das sei ruhig mal dahingestellt! Wenn auch ihr die Gelegenheit habt, CHAOSBAY live zu erleben, dann nutzt die Chancen auf jeden Fall! Wenn nicht, dann schaut doch mal in ihrem Merch-Store vorbei!

1 Kommentar zu „Dystopie? Nein, Utopie! Ein Interview mit CHAOSBAY“