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Du kannst nicht genug vom Rockharz kriegen? Hier geht es zu Tag 1, Tag 2 und Tag 3!
Ein bisschen wehmütig fühlt es sich für mich ja schon an diese Zeilen hier zu schreiben. Wenn dieser Artikel beendet ist, erzeugt das so eine Finalität in Bezug auf das Ende des Festivals, auf die ich mental noch nicht vorbereitet bin… Zum Glück gibt es dann ja noch die Interviews und dann muss man nur noch ein paar Mal schlafen, eh es dann wieder auf das beste Festival der Welt geht!
Vielen Dank an dieser Stelle auch wieder an lightinmirror.de für die grandiosen Bilder!

Die Folgen der Pandemie
Bevor mich jetzt wieder irgendwer mit einem Spruch a la „Kein Bock auf Pandemie, schreib über was anderes!“ anmacht, lasst euch direkt sagen: Ich will nicht über Verordnungen, Gesetze, Auflagen schreiben. Das hab ich im Studium schon genug!
Worüber ich aber mal ein paar Worte verlieren will, ist, was die Pandemie für einen Einfluss auf mich (und vielleicht auch auf euch) insgesamt hatte.
Ich war schon immer etwas angespannt, wenn ich in großen Menschenmassen stand. Es gibt mir einfach ein Gefühl von Enge und Ausweglosigkeit, das ich noch nie wirklich mochte. War es bisher problematisch? Nein.
Aber, und das ist eigentlich auch der Punkt, auf den ich hinauswill, es hatte auch viel mit Gewöhnung zu tun. Je öfter ich in irgendwelchen Mengen stand, desto besser.
Dann kam der Rockharz-Samstag… Im Vorfeld wurden für Samstag auch Tagestickets verkauft und ich denke, dass dieses Angebot auch intensiv genutzt wurde. Besonders aufgefallen ist mir das während des KNORKATOR Auftritts. Zunächst meine Gruppe zu finden, war schon schwierig. Als ich dann aber schnell mal aus der Menge herauswollte, um mir was zu essen zu holen, war es ganz vorbei. Anders als an den Tagen davor dünnte sich die Menge nicht irgendwann aus, sondern es waren immer noch genau so viele Menschen, egal wie weit ich mich von der Bühne entfernte. Ich will an der Stelle nicht lügen: Ich hatte einfach richtig Angst. Es nahm einfach kein Ende. Überall Menschen! Nach über zwei Jahren, in denen solche großen Veranstaltungen nicht erlaubt oder möglich waren, hat mich das einfach heillos überfordert. Da ich mir eh schnell noch eine Jacke aus dem Auto holen wollte, nutzte ich diese Gelegenheit, um auf dem Weg zum Auto ein bisschen runterzukommen.
Ich bin keine Ärztin, aber gefühlsmäßig war ich da an der Panikattacke echt nah dran, zumindest wenn das Zittern meiner Hände ein Indikator war.
Lange Rede, kein Sinn. Was will ich euch da draußen eigentlich sagen? Ganz einfach: Ihr seid nicht alleine, wenn es euch auch so ging und geht. Sucht euch einen Platz ganz am Rand und versucht da die Show zu genießen, so wie ich es dann auch gemacht hab. Da ist meistens der Sound auch besser!
Ich, für meinen Teil, habe definitiv gemerkt, dass die Isolation Spuren hinterlassen hat. Nichtsdestotrotz war es wieder ein wundervolles Festival. Ob man wieder irgendwelche Einschränkungen einführt, müssen andere entscheiden. Fakt ist, dass man irgendwann wieder zu einem normalen prä-Pandemie-Zustand zurückkehren muss.
Eins muss ich aber noch loswerden: An die Menschen, die trotz positiven Test oder Kontakt zum Festival gefahren sind und so andere angesteckt haben, den wünsche ich, dass sie für den Rest des Lebens stets mit Socken in irgendwelche ekligen Pfützen treten und die Bettdecken immer 5cm zu kurz sind!

Von Alarm Stufe Rot zu Schnee auf der Bühne
Genug gelabert, lasst uns über Bands sprechen! Den Anfang machten STORM SEEKER und verdammt, war das ein geiler Anfang! Die meeresaffine Gruppe füllte das Infield trotz ihres unheilig-frühen Spots in einem Maß, das echt beeindruckend war. Ich finde, dass man sie gut hätte auch später spielen lassen können, wenn man bedenkt, was für Show-Erfahrung diese Band mitbringt, aber geschenkt! Wer „morgens“ um halb 12 ein Festival-Publikum dazu bringen kann sich auf den Boden zu setzen und Ruderbewegungen auszuführen, der hat eindeutig alles richtig gemacht!
Was die folgenden Bands THOMSEN und OBSCURITY angeht, muss ich auch zugeben, dass ich da ein bisschen abgeschaltet habe. Das Infield war bei THOMSEN ziemlich leer, was mir für die Band echt leid getan hat, aber musikalisch war es jetzt auch nicht so das Wahre, zumindest für mich nicht. Mich hat das auch so ein bisschen in ein kleines „Mittagstief“ versetzt, was auch OBSCURITY nicht wirklich beheben konnten, auch wenn es mich musikalisch voll abgeholt hat.

Alarmstufe Rot, wortwörtlich, hieß es dann aber bei APRIL ART, die direkt eine Mischung aus Konzert und Sportstunde veranstalteten. Ich sag euch, es gibt kaum etwas besseres, als Menschen, die sich so sehr auf der Bühne freuen, dass sie herumspringen, wie ein Flummi auf Ecstasy (Looking at you, Lisa!). Und was soll ich sagen? Es war einfach geil! Es war optisch auffällig, sodass man nicht wegschauen kann. Frontfrau Lisa hat eine absolute Gänsehautstimmme. Die Musik hat so viele Twists and Turns, dass man Angst hat, etwas zu verpassen, wenn man nicht konstant hinschaut. Das letzte Album P.O.K.E.R.F.A.C.E. hat mich im Vorfeld schon richtig abgeholt, aber live fand ich es einfach nochmal um einiges besser.
Zu sehen, dass das Publikum da so mitgeht, hat mich echt für die Band gefreut. Völlig zurecht, kam von Lisa auch der Satz, der das Festival für mich perfekt zusammengefasst hat: „Rockharz, ihr geilen Schweine!“
Wem die Frauenpower bei APRIL ART noch nicht genug war, bekam auch direkt Nachschlag: Die internationale Kombi AD INFINITUM zeigten uns auch einmal mehr, wie cool es ist, wenn man sanfte Clean-Gesänge mit harten Growls mischt. Man hat zwar gemerkt, dass die Band um Frontfrau um Frontfrau Melissa Bonny noch nicht so viele Gelegenheiten hatte zusammen auf der Bühne zu stehen, aber man muss einfach die Arbeitsmoral dieser Band bewundern. In der Pandemie zwei Alben und ein Akustik-Album zu veröffentlichen, ist schon eine Aussage. Hinzukommt für mich auch einfach die absolut anmutige Präsenz, die Melissa auf der Bühne hat. Es gibt zwar Stellen, an denen ich mir ihre Stimme etwas voller wünschen würde, aber das wird auch durch die Instrumentierung, inklusive außergewöhnlicher Gitarren, gut kompensiert.
Auch für die Thrash-Fans war in diesem Jahr hervorragend gesorgt! TANKARD, die dieses Jahr ihr nunmehr 18. Album veröffentlichen, sind immer einen Besuch wert. Ich fand ihren Slot ein bisschen zu früh, immerhin muss zu ihrer Musik der Bierpegel ja auch stimmen, aber es hat trotzdem viel Spaß gemacht sich das anzuschauen. Als besondere Einlage gab es dann auch noch die Live-Premiere von ihrer kommenden Single Ex-Fluencer, die am 05. August erscheinen wird. Gerade diesen Song habe ich sehr gefühlt, der wandert nach Erscheinen direkt in die Playlist!
Ein großer Fan-Moment für mich war auch der Auftritt von INSOMNIUM. Ich höre diese Band jetzt seit fast 10 Jahren und ihre Musik nimmt mich immer wieder mit. Es gab zwar auch Konzerte von ihnen, die ich qualitativ richtig schlecht fand, aber dieser Auftritt gehörte zum Glück nicht dazu! Dieser melancholische Approach Melodic Death Metal zu machen, ist halt einfach superior!
Dass ich sie später noch zufällig getroffen und mit ihnen ein Bild machen konnte, war natürlich ein zusätzliches Plus!

Nachdem ich zwischendrin einfach auch mal ein bisschen entspannen musste und, zugegebenermaßen, auch kurz schlafen musste, um den Rest des Tages zu schaffen (ich werd halt auch nicht jünger), ging es dann mit KNORKATOR weiter. Was soll man da schon noch anderes schreiben, als dass Deutschlands meiste Band der Welt genau das gemacht haben, wofür sie bekannt sind? Absoluten Quatsch und gute Musik. Die Menge war riesig und die Bühne für Stumpen mal wieder nicht groß genug. Wer nach Spaß und Unterhaltung und dem genauen Gegenteil von Ernst sucht, der ist bei KNORKATOR genau richtig!
Nachdem EISBRECHER es auf der Bühne schneien ließen und ACCEPT mich mit Balls to the Wall in den siebten Himmel befördert haben, war es endlich Zeit für ELUVEITIE, aber damit auch für die letzte Band des Festivals.
Zunächst aber eins noch vorab: Wer auch immer ELUVEITIE, DIE Pagan Metal Band schlechthin, als After-Headliner-Slot gebucht hat, sollte sich mal untersuchen lassen! Das geht einfach nicht! Bitte das nächste Mal ändern!
Trotzdem war es ein absolut genialer Gig, der auch durch den Abschied von Hurdy-Gurdy-Spieler Michalina emotional aufgeladen war. Es war ein sehr kurioses Gefühl, diese geniale Band zu sehen und zu wissen, dass das Festival in Kürze vorbei sein würde. In jedem Fall war das auch mein letztes, sehr spätes Highlight und es wurde dadurch perfektioniert, dass Inis Mona direkt der dritte Song war.
Alles in Allem war es für mich ein wundervolles, wenn auch stressiges Festival. Ich will an dieser Stelle auch nochmal Danke sagen! Danke an Julia für die wundervolle Arbeit im Graben, an Siffi und das Media-Team für die Akkreditierungsorganisation, an die Grabenschlampen fürs einfach super sein, an unser Rockharz-Camp, die immer wissen, wann sie blank ziehen müssen, an das Rockharz selbst fürs da sein und an euch da draußen, die solche Artikel durch euren Support möglich machen!
Nächstes Jahr an dieser Stelle geht es weiter mit neuen Rockharz-Berichten. Denn, wie heißt es schon so schön bei ELUVEITIE? „As long as I breathe, I’ll call you my home!“

8 Kommentare zu „Rockharz, ihr geilen Schweine! Rockharz Tag 4“